Seit 30 Jahren ragt im Wiener Arsenal der 155 Meter hohe Funkturm empor.

Foto: Andy Urban

155 Meter ist er bis zu seiner Spitze hoch, knapp 20 Meter höher als der Südturm des Stephansdoms, ebenso wie dieser ein unübersehbarer Zeuge seiner Zeit. Vor 30 Jahren wurde der Koloss inmitten des trutzigen historischen und mittlerweile zivil bewohnten Wiener Arsenals in Stahlbeton in die Höhe gezogen.

Immer wieder stehen Touristen ratlos vor den Gittern des ihn umgebenden Geländes. Nein, erhalten sie vom Pförtner Bescheid, es handle sich nicht um den Donauturm, der Funkturm könne auch nicht zur Aussicht über die Donaumetropole bestiegen werden.

Wie schon seit seiner Eröffnung im September 1978 steht der Wiener Funkturm im Besitz der Telekom Austria, die damals ja noch als Post und Telegraphenverwaltung firmierte. 2,4 Milliarden Schilling wurden seinerzeit für den Turm und die umliegenden Einrichtungen des Fernmeldezentralgebäudes (FZG) aufgewandt.

Der gute alte Richtfunk

Bis heute dient das FZG dem gleichen Zweck: Daten zu übertragen. Einst primär jene der Programme des ORF-Fernsehens und -Radio via Richtfunk. Heute sind es fast nur noch in Datenpakete umgewandelte Sprache, Dokumente und Bilder, die via Internet, Mobiltelefonie und, das gibt es ja auch noch, Festnetz an ihre Empfänger weitergeleitet werden. Seit 2006 fungiert es zudem als Sendestandort für das digitale Fernsehen DVB-T, also terrestrische (= erdgebundene) Verbreitung digitaler Fernsehsignale in der Atmosphäre. Denn auch in technischer Hinsicht ist es ein Zeuge der Entwicklung.

Der Richtfunk ist damit keinesfalls passé. Da die Technologie relativ kostengünstig und energiesparend sei, ist sie laut TA weiterhin Bestandteil des Übertragungsnetzes. Ihr größter Vorteil: Kein Bagger kann ihre Verbindung trennen.

Herzstück des Netzes

Mit von diesen bei Bauarbeiten oft in Mitleidenschaft gezogenen Kabeln beschäftigen sich indessen die Mitarbeiter des heutigen Network Management Center im Fernmeldezentralgebäude. Sie überwachen hier rund um die Uhr das österreichische Telekommunikationsnetz. Auf riesigen Bildschirmwänden erkennen sie binnen Sekunden, wenn etwa im Ortsnetz von St. Marein bei Neuhofen der Strom ausgefallen ist, stellen fest, welche Teile des Kommunikationsnetzes davon betroffen sind und koordinieren die Fehlerbehebung. Seit 2007 überwacht auch die Mobilkom Austria hier ihr Netz.

Die ehemalige Postgarage und Postwerkstätte auf dem Gelände wurde zum größten Datencenter der TA umfunktioniert. In einem IT-Hochsicherheitstrakt laufen die von Unternehmen ausgelagerten IT-Dienstleistungen in großen Server- und Speicherfarmen. Die einstige Montagegrube der Postgarage dient heute als Kabelkanal. (Karin Tzschentke/ DER STANDARD Printausgabe, 10. September 2008)