Bei einem Experiment der europäischen Weltraumagentur ESA haben Wissenschafter festgestellt, dass Bärtierchen schier unglaubliche Belastungen lebend überstehen können: Die Forscher überließen die kleinen wirbellosen Lebewesen den unwirtlichen Bedingungen des luftleeren Weltraums. Damit sind die Bärtierchen die ersten bekannten mehrzelligen Tiere, die im freien All überleben können.

Praktisch unzerstörbar

Bärtierchen gehören dem Überstamm der Häutungstiere an, leben im Wasser oder unter feuchten Umweltbedingungen und werden kaum mehr als einen Millimeter groß. Bekannt war bereits, dass die Tiere austrocknen und in einen todesähnlichen Zustand verfallen können - und dann praktisch unzerstörbar sind. Die Lebewesen sind damit in der Lage immensen Druck, hohe Strahlungsdosen oder jahrelange Trockenheit unbeschadet zu überstehen.

Ingemar Jönsson und sein Team von der schwedischen Kristianstad Universität wollten noch einen Schritt weiter gehen und feststellen, ob die Tiere auch mit den Bedingungen im Weltall zurande kommen. Im September 2007 schickten sie zwei unterschiedliche Arten von Bärtierchen an Bord der ESA-Sonde Foton-M3 in den erdnahen Orbit.

Nach zehn Tage kehrte der Satellit aus rund 270 Kilometer Höhe zur Erde zurück und die Wissenschafter konnten nachsehen, wie es den Bärtierchen nach tagelangem Ausharren im Vakuum, unter den harten UV-Strahlen der Sonne und dem Partikel-Bombardement ergangen war. Tatsächlich schien der luftleere kalte Raum den Lebewesen kaum etwas anzuhaben, auf die ultraviolette Strahlung reagierten sie allerdings empfindlicher, wie sich herausstellte.

Tödliche UV-Strahlung

Bei einer der beiden untersuchten Arten konnten 68 Prozent jener Tiere, die vor Strahlung geschützt waren, nach 30 Minuten rehydriert und wiederbelebt werden. Einige dieser Tiere legten sogar Eier, aus denen gesunde Nachkommen hervorgingen. Im Unterschied dazu überlebte nur eine geringe Anzahl der Versuchstiere, die den UV-Strahlen ungeschütz ausgesetzt waren.

Doch selbst das verblüffte die Forscher: eigentlich sollte die im Unterschied zur Erdoberfläche über tausend Mal stärkere ultraviolette Strahlung im Weltraum alles Leben auslöschen. Wie die Bärtierchen diese hohen Strahlendosen überstehen konnten, stellt die Wissenschafter noch vor ein Rätsel.

"Diese Fähigkeit unter widrigsten Bedingungen zu überleben könnte hinsichtlich der Frage nach Leben auf anderen Planeten in und außerhalb unseres Sonnensystems von wichtiger Bedeutung sein," meint die Astrobiologin Gerda Horneck vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Allerdings würden diese Versuche wenig darüber aussagen, wie sich Wesen unter solchen unwirtlichen Bedingungen entwickeln und fortpflanzen. (Red)