Im millionenschweren Anlegerprozess gegen die Deutsche Telekom wird das Gericht voraussichtlich in die USA reisen, um dort Zeugen zu vernehmen. Der zuständige Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt prüft nach Justizangaben vom Dienstag, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen drei US-Staatsbürger als Zeugen vernommen werden können. Es sei geplant, dass das Gericht in die USA fliegt und dort die Zeugen vernimmt. Auf ein förmliches Rechtshilfeersuchen, dessen Bearbeitung Jahre dauern könnte, soll nach dpa-Informationen möglichst verzichtet werden.

Bei den Zeugen handelt es sich um John Stanton und Bob Stapleton, zwei frühere Manager des US-Mobilfunkanbieters VoiceStream, sowie um einen Investmentbanker, der an der milliardenschweren VoiceStream- Übernahme durch die Telekom beteiligt war. Die Manager hatten zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Aussagen erklärt, sich aber geweigert, dafür nach Deutschland zu kommen. Ein konkreter Termin für die von den Klägern angeregten Vernehmungen stehe noch nicht fest, berichteten Verfahrensbeteiligte.

Unter diesen Umständen spielt es nach Ansicht der Telekom keine Rolle, dass die Vorlage mehrerer niedergeschriebener Zeugenaussagen von Telekom-Managern in einem früheren US-Prozess um mehrere Wochen auf Ende September verschoben wurde. Es wäre ohnehin nicht früher verhandelt worden, erklärte ein Unternehmenssprecher in Bonn. Die Aussagen unter anderem der ehemaligen Vorstandschefs Ron Sommer und Kai-Uwe Ricke sollen mit Äußerungen im Frankfurter Prozess abgeglichen werden. Laut Telekom enthalten die Protokolle aber sensible und nicht zum Beweisthema gehörende Angaben etwa zu den persönlichen Vermögensverhältnissen der Vorstände, so dass sie aufwendig überprüft und geschwärzt werden müssten.

Die Übernahme von VoiceStream nur wenige Wochen nach Ende der Zeichnungsfrist zum sogenannten dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000 ist nur eines von Dutzenden Streitthemen in dem Verfahren. In dem Prozess wollen etwa 16.000 Kleinanleger von der Telekom rund 80 Millionen Euro Schadensersatz erstreiten, weil sie sich vom Verkaufsprospekt zum Börsengang getäuscht fühlen. (APA)