Prag - Die Krise innerhalb der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) des tschechischen Premiers Mirek Topolanek verschärft sich weiter. Ein zweiter ODS-Abgeordneter - Jan Schwippel - hat diese Woche die Unterhausfraktion verlassen. Er trat aus Protest gegen das Verhalten der Parteiführung sowie der ODS-Fraktion in der jüngsten Erpressungs-Affäre der Partei aus. Die von der ODS geführte Koalition hat damit in dem aus 200 Mitgliedern bestehenden Abgeordnetenhaus nur mehr 98 Stimmen.

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Zudem könnten weitere ODS-Parlamentarier Schwippel folgen. Insbesondere infrage kommt der innerparteiliche Rebell Vlastimil Tlusty, der eine der Hauptrollen in der Affäre gespielt hatte, für die ihm jetzt der Parteiausschluss droht. Er hatte die Rolle des Provokateurs angenommen, indem er sich mit einer Dame nackt in einem Whirlpool hatte fotografieren lassen, um so Erpressungspraktiken in der tschechischen Politik zu enthüllen. Einer der ODS-Abgeordneten, der mittlerweile zurückgetretene Jan Morava, tappte in die Falle und zeigte Interesse an den vermeintlichen "Schnüfflerbildern". Kritiker haben den Verdacht, dass Morava gar im Auftrag von ODS-Fraktionschef Petr Tluchor oder von Topolanek selbst gehandelt habe.

Für Schwippel ist das Verhalten der ODS in der Affäre "unfair" und "unseriös". Es gebe die Gefahr, dass sich die Erpressungs-Praktiken wiederholen könnten, schrieb er in seinem Rücktrittsbrief. Dies hat die Atmosphäre innerhalb der ODS weiter angespannt. "Man sollte den gesamten ODS-Klub in die Luft sprengen", zeigte sich Petr Bendl, ODS-Vizechef und Hauptmann des Mittelböhmischen Kreises, empört.

Die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) von Ex-Premier Jiri Paroubek liegen um fünf bis zehn Prozent vor der ODS. Die CSSD will die Krise innerhalb der ODS für einen weiteren Versuch nutzen, Topolaneks Regierung zu stürzen. Für die Zeit nach den Wahlen kündigte sie den seit 2006 bereits vierten Misstrauensantrag gegen die geschwächte Koalition an. Die abtrünnigen ODS-Parlamentarier versichern jedoch, sie wollten der Linken nicht an die Macht verhelfen. Seitens Tlusty sind aber auch andere Töne zu hören. "Den Augiasstall muss man zunächst von Augias säubern. Und Augias, das ist Topolanek", so Tlusty, der seit langem mit dem Premier eine "unbeglichene Rechnung" hat. Topolanek hatte ihn nicht zum Finanzminister ernannt.

In eine schwierige Position ist auch der Premier geraten, der auf dem ODS-Kongress im Dezember die Position des Parteichefs verteidigen will. Bisher ist Topolanek der einzige Kandidat, nachdem sein Rivale, der erste ODS-Vizechef und Prager Oberbürgermeister Pavel Bem, bereits früher auf die Kandidatur verzichtet hatte. Kürzlich schloss Bem eine Kandidatur jedoch wieder nicht ganz aus - in Reaktion auf die ODS-Affäre sowie eine mögliche Niederlage bei den Regional- und Senatswahlen. (APA)