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Die "Iraq Veterans Against the War" bei einem Protestmarsch während des Parteitages der Demokraten Ende August.

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Irak-Veteran Jason Hurd während einer Pressekonferenz in Oklahoma City - Ein Stop auf der landesweiten Tour der "Iraq Veterans Against the War".

Die Finger am Abzug eines fiktiven Gewehrs. Ein weißer Sack wird einem Gefangenen von zwei Soldaten über den Kopf gezogen. Er liegt am Boden. Nachdem seine Hände am Rücken gefesselt sind, wird er hochgezogen und von zwei Soldaten abgeführt. Diese Szene spielt nicht im Irak, sondern auf den Straßen von Denver. Während des Parteitages der Demokraten Ende August ließen die "Iraq Veterans against the War" (IVAW) die Öffentlichkeit ein Stück ihres Alltags im Irak erleben. „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit", erklärt Matthis Chiroux von IVAW (siehe Video). Mit ihrem Auftritt wollen die Veteranen „die Wahrheit zu den Leuten bringen. Damit sie sehen was in ihrem Namen im Irak passiert."

Auch während des Parteitags der Republikaner brachten die IVAW medienwirksam ihr Anliegen vor. Auf einem Banner, das die Veteranen während der Rede McCains in die Kameras hielten, stand folgender Satz zu lesen: You can't win an occupation.

Die 2004 gegründete Organisation fordert den sofortigen Truppenabzug aus dem Irak, finanzielle Wiedergutmachung für die irakische Bevölkerung und volle Bezüge und eine adäquate Gesundheitsversorgung für die Heimkehrer aus dem Irak.

Veränderung von Innen

Trotz der öffentlichkeitswirksamen Auftritte ist das Ziel der IVAW eine Veränderung innerhalb des Militärs zu erreichen. Die Mitglieder reisen durchs Land, sprechen in Militärbasen, Schulen, vor den Rekrutierung-Büros der Armee und erzählen von ihren Erlebnissen im Irak. „Es ist wichtig die Botschaft direkt zu den Truppen zu bringen", sagt Jose Vasquez dem US-amerikanischen Monatsmagazin The Atlantic. „Sie sind von der öffentlichen Debatte ausgeschlossen". Vasquez war selbst 14 Jahre in der Armee und leitet derzeit den New Yorker Ortsverband von IVAW.

Die „Iraq Veterans Against War" vertritt trotz ihrer 1.200 Mitglieder nur einen kleinen Teil der hunderttausend Soldaten die im Irak ihren Dienst taten. Viele Irak-Veteranen haben eine zwiespältige Haltung gegenüber den IVAW. Kritiker meinen, die IVWA-Mitglieder würden sich vor ihrer Arbeit drücken. Einer Arbeit zu der sie sich freiwillig gemeldet hatten. Vasquez kontert: Es sei unrealistisch, dass ein 18-Jähriger die Komplexität und die moralischen Konflikte seiner Rolle verstehen kann. Außerdem wurde jemand, der sich freiwillig meldet, damit nicht automatisch aufhören moralisch zu handeln.

Schwierige Allianzen und die Afghanistan-Frage

Moralischen Hoheitsanspruch erheben freilich nicht nur die Kriegs-Gegner. Die Veteranen-Vereinigung „Vets For Freedom" unterstützt den Krieg im Irak. Die VFF unterstützen zwar die Forderung nach finanzieller Unterstützung für Veteranen, einen sofortigen Truppenabzug lehnen sie allerdings ab. Besser sei es, eine stabile Situation im Land zu hinterlassen.

Auch die Unterstützung aus der Bevölkerung für die Anti-Kriegs-Bewegung ist nicht überwältigend. Obwohl sich zwar zwei Drittel gegen den Krieg im Irak aussprechen, lässt sich die Anti-Kriegs-Stimmung kaum in konkrete Aktionen umsetzen. Das Interesse der Wähler ebbt ab, sobald der Irak aus den Schlagzeilen verschwindet und die US-Verluste zurückgehen.

Außerdem ist die Anti-Kriegs-Bewegung in den USA sehr heterogen. Die IVAW marschieren bei Protestveranstaltungen oft Seite an Seite mit kirchlichen Organisationen, Gewerkschaftern und Pazifisten. Die politische Ausrichtung der Mitstreiter lässt auch die IVWA zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung weiter nach links rutschen. Ein Umstand, den nicht alle Mitglieder gutheißen. Ein weiteres Thema, das die Mitglieder spaltet, ist das US-Engagement in Afghanistan. Während einige Krieg generell ablehnen, kritisieren andere lediglich den Krieg im Irak und unterstützen den Militäreinsatz in Afghanistan oder anderswo. Wer den Krieg gegen Afghanistan kritisiert, kritisiert den "Krieg gegen den Terror" - ein Krieg die Bevölkerung als notwendig empfindet. (mka, derStandard.at, 8.9.2008)