Monaco- Der Chef der Hannover Rück, Wilhelm Zeller, will im kommenden Jahr zurücktreten. Das teilte der viertgrößte Rückversicherer der Welt am Montag in Monte Carlo mit, wo im September traditionell die Erneuerungsrunde der Kundenverträge eingeläutet wird. Zu einem Nachfolger wollte sich das Unternehmen nicht äußern. In der Leben-Rückversicherung wird ein Zukauf geprüft.

Prognosen

Durch Hurrikan "Gustav" rechnet die Hannover Rück mit einer Nettobelastung von 35 bis 75 Mio. Dollar (24,6 Mio. bis 52,6 Mio. Euro). Insgesamt erwartet der Konzern einen versicherten Schaden von 2,5 bis 9,0 Mrd. Dollar, den die Branche stemmen muss. Die Hannover Rück bezieht sich dabei auf Prognosen internationaler Experten. Die Münchener Rück als weltgrößter Rückversicherer schätzt die Branchenbelastung auf 5 bis 6 Mrd. Dollar, wollte am Sonntag die eigenen Lasten aber nicht genauer beziffern.

"Gustav" war zuletzt über die Öl-Plattformen im Golf von Mexiko hinweggefegt und hatte die Küste in der Nähe von New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana getroffen. Die Jazz-Metropole im Süden der USA war schon 2005 von dem verheerenden Wirbelsturm "Katrina" heimgesucht worden. Dieser kostete die Assekuranz allein mehr als 60 Mrd. Dollar, so viel wie kein anderer Sturm bisher.

Zeller sagte, die Hannover Rück verfolge auch Hurrikan "Ike" mit Sorge. Dieser erreichte am Sonntagabend Kuba und hat dort mehr als eine Million Menschen in die Flucht getrieben. "Gustav" sieht Zeller durch das so genannte Großschadenbudget in Höhe von rund 400 Mio. Euro abgedeckt. Diese Summe wurde für 2008 für Hurrikane und andere Katastrophen zurückgelegt.

Aktien legen zu

Aktien der Hannover Rück legten zu Wochenbeginn in einem stark steigenden Gesamtmarkt über sechs Prozent auf 29,50 Euro zu. Papiere der Münchener Rück verteuerten sich um vier Prozent auf 107,02 Euro.

Die Hannover Rück teilte zudem mit, das Tempo der jüngsten Preisrückgänge verlangsame sich. Rückversicherer übernehmen Risiken von Erstversicherern wie der Allianz. Die Münchener Rück macht sich wegen der Finanzkrise und höheren Schäden durch Naturkatastrophen sogar Hoffnungen auf baldige Preissteigerungen. Das würde eine Trendwende bedeuten, nachdem in den vergangenen Jahren ein harter Wettbewerb und vergleichsweise geringe Schäden durch Hurrikane zu Preisnachlässen geführt haben.

Für die Trendwende sprechen Münchener-Rück-Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek zufolge gleich mehrere Faktoren. So werde die Kapitalbasis aller Anbieter weltweit 2008 erstmals nach fünf Jahren wieder rückläufig sein. Die Gewinne der fünf größten Konzerne seien im ersten Halbjahr um mehr als ein Drittel eingebrochen. Eine billige Refinanzierung sei zudem mitten in der Finanzkrise schwierig.

Übernahme wird geprüft

Zudem will die Hannover Rück noch in diesem Jahr die Übernahme eines Rivalen prüfen. Laut Zeller gibt es einen kleinen Anbieter in der Leben-Rückversicherung, der voraussichtlich im vierten Quartal zum Verkauf stehen werde. Namen wollte er nicht nennen. In der Branche hieß es zuletzt, das Rückversicherungsgeschäft von XL Capital, einem Finanz- und Versicherungsunternehmen mit Sitz auf den Bermudas, könne bald zur Disposition stehen.

Zeller ergänzte, sein Konzern habe in den vergangenen Jahren alle Möglichkeiten für Zukäufe in der Leben-Rückversicherung geprüft, war allerdings in keinem Fall bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Grundsätzlich ziehe die Hannover Rück den Kauf von Portfolios mit Versicherungspolicen dem Kauf ganzer Unternehmen vor. Aber auch ohne Akquisitionen könne der viertgrößte Rückversicherer der Welt zulegen. In der Lebensversicherungssparte liegt das Wachstumspotenzial Zeller zufolge auch ohne Zukäufe bei zwölf bis 15 Prozent pro Jahr. (APA/Reuters)