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Molterer begrüßt "seine Leute" auf dem Heldenplatz.

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Johannes Hahn zieht Vergleiche mit der Politik: "Erst säen, dann ernten!"

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Ein Apfel für den Minister.

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"Schleicht's euch": Eine Besucherin versucht, die Tierschützer zu vertreiben.

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Innenministerin Maria Fekter gibt Ernährungstipps für den Wahlkampf.

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Wilhelm Molterer und Fritz Grillitsch schließen sich dem Umzug an.

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Einige Greenpeace-AktivistInnen machen am Rande der Veranstaltung auf die Geländewägen der ÖVP aufmerksam. Dabei hatte Pröll erst kürzlich vorgeschlagen, mehr mit dem Rad zu fahren.

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"Kommt ein kanadisches Ehepaar vorhin auf mich zu, fragt: Wer sind Sie denn? Sag ich: der Vizekanzler. Antwortet das Ehepaar: Und wo sind Ihre Bodyguards? Antworte ich: das hier sind meine Bodyguards!" ÖVP-Spitzenkandidat Wilhelm Molterer deutet auf das Publikum am Erntedankfest. Das Jubeln verrät, dass sie gerne seine "Bodyguards" sind. Einige nahmen ihre Rolle dabei zu ernst, wie sich später herausstellt.

Politische Segnung

Sonntag am frühen Nachmittag. Kinder ziehen am Euter von Plastikkühen. Der kleine Sebastian schwingt sich auf einen ausgestopften Biber. Papa fotografiert ganz stolz. Ein Mädchen versucht, eine Vorrichtung mit Hirschgeweih nach vorne zu ziehen. Klappt das, peckt ein Holzspecht gegen einen Baumstumpf. Weiter drüben zeigen vier Herren mit ihren Kettensägen was sie so drauf haben. Der Geruch von Bratwürstel, Wein und frisch zersägtem Holz zieht über den Heldenplatz: Es ist Erntedankfest. Wie jedes Jahr im Herbst lädt der Bauernbund zur bäuerlichen Leistungsschau. Aber nicht nur "Lust auf's Land", sondern vor allem Lust auf die ÖVP will man heuer hier machen. Rund 200.000 BesucherInnen sind an beiden Tagen gekommen. Weniger als sich der Bauernbund erhofft hat: 250.000 hatte er vor der Veranstaltung erwartet.

Sogar Dompfarrer Toni Faber lobt bei seiner Segnung auf die Hauptbühne die schwarze Politik. Und er erzählt von seiner Bergtour mit Johannes Hahn und dem Wiener Stadtrat Norbert Walter auf dem Großglockner. "Voller Ehrfurcht vor der Schöpfung" seien sie an der Gipfelspitze gewesen. Das letzte Amen ist gesprochen. Bauernbundpräsident Grillitsch hat jetzt seinen Auftritt. Viele, die eben noch um Erhörung der Fürbitten baten, zieht es zu Schmalzbrot, Sterz und Apfelstrudel. Grillitsch begrüßt indes die "charmante Christine Marek", Wilhelm Molterer, Josef Pröll und Maria Fekter - heute alle im Trachtenoutfit.

Turbulenter Umzug

Johannes Hahn vergleicht in seiner Rede die Politik mit der Landwirtschaft. "Erst wird gesät, dann geerntet. Es scheint, als würden die Faulen erst kurz vor dem Wahltag fleißig", richtet sich der Minister an die SPÖ. „Wir brauchen Ihre Ideen für die Regierungserklärung", fordert Molterer die ZuhörerInnen auf. Nicht die "linken Hetzer" oder die "rechten Träumer" sollen regieren, sondern "die Mitte". "Das Einkommen der Bauern befindet sich auf Talfahrt", warnt Pröll. Das Publikum stimmt mit Klatschen zu.

Zeit für den Ernteumzug. Jetzt haben die Landwirte ihren großen Auftritt. Das lassen sich auch Molterer und seine Kollegen nicht entgehen. Doch Aktivisten aus dem Umfeld des Vereins gegen Tierfabriken demonstrieren gegen Tierquälerei und stellen sich den Politikern in den Weg. Während sich Molterer, Pröll und Hahn nicht beirren lassen, finden vielen Besucher den Protest unpassend. "Schleicht's euch!", ist zuerst zu hören. Auch die Tierschützer lassen sich nicht beirren und protestieren weiter. Eine Dame um die 70 bündelt ihre körperlichen Kräfte und herrscht die Tierschützer an: "Verschwindet's". "Ihr Tierschützer wisst ja gar nicht, was wir Bauern alles leisten", sagt ein älterer Herr und auch eine Frau, deren Namensschild verrät, dass sie eine Bäuerin aus Niederösterreich ist, eilt zur Hilfe. Schließlich kommt auch die Polizei vorbei und überwältigt die Demonstranten. Zwei von ihnen werden wegen "Störung der Ordnung und aggressivem Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht" festgenommen und am selben Tag wieder frei gelassen.

Naschen vom Gemüsewagen

Ein paar Meter entfernt ist von der Aufregung nichts zu merken. Innenministerin Maria Fekter nascht von den vorbeifahrenden Gemüsewägen. Vor Fernsehkameras erzählt sie, wie sie sich für den Wahlkampf stärkt: "Mit einer sensationellen Eierspeis'!" Ein Wagen der Landjugend passiert den Heldenplatz - auf dem Wagen prosten sie sich zu. "Die Lustige Landgruppe ist lustig in ihrem Freizeitverhalten, aber sie sind mit den Produktionsmethoden der modernen Landwirtschaft vertraut", beruhigt die Moderatorin.

Molterer nutzt die Chance auf einen Ortswechsel und springt mit Grillitsch auf den Wagen der Weinkönigin auf. "Der Wagen ist von der Raiffeisenbank gesponsert", dröhnt es aus den Boxen. Josef Pröll soll einen Erdapfel, dem ihm eine Dame von den "Erdäpfelspezialisten" keck zuwirft, fangen. Nicht gefangen - die Kartoffel landet auf Silvia Fuhrmanns lila Dirndlkleid. Die versucht hektisch den Fleck wegzureiben. Wie sie wartet auch Fekter vergeblich, dass sie auf einen Wagen aufspringen darf. Tapfer winken sie also den vorbeiziehenden LandwirtInnen zu. Im Notfall könnten sie noch immer in die geparkten SUVs springen. Laut Greenpeace hat die ÖVP 22 Stück von den "massiv CO2 emittierenden "Sportgeländewagen" für ihre Wahlkampfeinsätze gekauft. Noch vor wenigen Tagen hatte Umweltminister Pröll appelliert, öfter mit dem Fahrrad in die Arbeit zu fahren, um damit das Klima zu schonen.

Heute steht aber nicht die Umwelt, sondern die Menschen im Mittelpunkt. Pröll zieht mit seinem Wahlkampfteam durch die Heurigenbänke, lässt sich mit dem „Stimmvieh" fotografieren und verteilt Polaroids mit seiner Unterschrift. Und einmal mehr heißt es: "Ein Prosit, ein Proooosit, der Gemüüüütlichkeit". (Katrin Burgstaller, Elisabeth Oberndorfer/derStandard.at, 8. September 2008)