St. Pölten - Er habe seinen ehemaligen Arbeitskollegen nur "erschrecken" wollen. Das beteuerte Walter W., der am Donnerstag auf dem Voestalpine-Gelände in Traisen (Bez. Lilienfeld) den Mann durch einen Streifschuss verletzt hatte, in seinen Einvernahmen durch die Polizei. Das Opfer, so die Auffassung des 48-jährigen Verdächtigen, sei schuld an seiner Kündigung vor einem Jahr gewesen. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt wegen versuchten Mordes. Heute, Samstag, soll die Untersuchungshaft über den mutmaßliche Täter verhängt werden.

Walter W. hatte den Mann Donnerstagvormittag zur Rede stellen wollen. Dabei zog er eine Pistole und feuerte auf ihn. Der Voest-Arbeiter wurde an der Schulter verletzt, konnte aber nach wenigen Stunden aus dem Krankenhaus entlassen werden.

W., der verheiratet ist und zwei Kinder hat, verschanzte sich auf dem Firmengelände und drohte mit Selbstmord. Gegen 15 Uhr wurde er von Cobra-Beamten überwältigt und am Abend in die Justizanstalt St. Pölten eingeliefert.

"Mein Mandant beteuert, dass er nur einen Warnschuss in die Luft abgeben wollte", sagt W.s Anwalt Nikolaus Rast zum Standard. "Er ist zwei Meter vor dem Mann gestanden", so der Jurist, "wenn er ihn töten hätte wollen, wäre es ein Leichtes gewesen."

Zwischen W., der 2007 über eine Leihfirma bei der Voest gearbeitet hatte, und einem Arbeiter sei es bei Arbeiten auf einem Dach zu Handgreiflichkeiten gekommen. Rast: "Mein Mandant wäre damals fast vom Dach gefallen." Daraufhin habe die Voestalpine der Leiharbeitsfirma mitgeteilt, dass man W. nicht mehr im Werk haben wolle. Die Leiharbeitsfirma wollte ihn nach dem Vorfall ebenfalls nicht mehr vermitteln. Seitdem ist der Mann arbeitslos. Zu den finanziellen kamen zuletzt auch noch Eheprobleme. Dies dürfte der Auslöser gewesen sein, es dem früheren Arbeitskollegen heimzahlen zu wollen. (Bettina Fernsebner-Kokert, Der Standard Print-Ausgabe, 6./7.9.2008)