Die Ankündigung des Auktionshauses Christie's im Mai 2008 verursachte ein Blätterrauschen: Das berühmte Kaufmann-Haus des österreichisch-amerikanischen Architekten Richard Neutra in Palm Springs, ein Relikt der klassischen Moderne aus dem Jahre 1946, sollte versteigert werden. Der Schätzpreis von 15 bis 25 Millionen US-Dollar (rund 10 bis 17 Millionen Euro) übertrifft den Wert aller bisher versteigerten Immobilienobjekte dieser Größe bei Weitem.

Entstellt bis zur Unkenntlichkeit

Das für Edgar Kaufmann geplante Haus blickt auf eine turbulente Geschichte zurück. Im Laufe der Jahrzehnte wurde es fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Schuld daran waren die häufigen Besitzerwechsel. Der Wert des Objekts war nur noch für Fachleute zu erahnen. Vor 15 Jahren fand sich schließlich ein Ehepaar, das die heruntergekommene Bausubstanz um 1,5 Millionen US-Dollar erwarb und im Rahmen einer umfassenden Sanierung den ursprünglichen Zustand wiederherstellen ließ.

In diesem Zuge entstand auch ein minimalistisches Poolhaus mitsamt Fitnessraum, Dampfbad, einer großen Wohnküche und einem Gästezimmer. Die Freude über das revitalisierte Haus war jedoch von kurzer Dauer. Als Scheidungsopfer landete es schließlich bei Christie's unter dem Hammer.

Die Auktion am 13. Mai 2008 stellte sich auf den ersten Blick als Erfolg heraus. Der für das Kaufmann-Haus erzielte Betrag beläuft sich auf 16,8 Millionen Euro (rund 11,5 Millionen Euro). Doch der Verkauf platzte. "Der Verkäufer hat den Vertrag aufgehoben, weil der Käufer dessen Konditionen nicht gerecht wurde", gab Christie's kritisch zu verstehen. Wie bereits vor einem halben Jahr steht das Haus in Palm Springs somit abermals zum Verkauf.

Architektur als Mehrwert

Die Tatsache, dass Architektenhäuser am Auktionsmarkt landen, verweist auf eine generelle Aufwertung von Architektur. Und das ist nicht selbstverständlich. Denn während zweidimensionale Werke der Moderne - etwa das Bild No. 15 von Mark Rothko - bei Auktionen auf bis zu 50 Millionen US-Dollar hochschnellen, war die Architektur von einer derartig starken Wertsteigerung bisher ausgenommen. Zu verdanken ist der Umschwung nicht zuletzt Lifestyle- und Wohn-Zeitschriften wie etwa Wallpaper oder Architectural Digest. Schon seit geraumer Zeit sensibilisieren sie eine Klientel, die nun auch für Auktionshäuser interessant sind.

Besonders erfolgreich ist die Versteigerung der Architekturtrophäen im Raum Los Angeles. Zur bevorzugten Klientel der auf Mid-Century spezialisierten Immobilienbranche zählen Leute aus der Film-, Musik und Kreativindustrie. Auch das Haus Chemosphere (Baujahr 1960) von US-Architekt John Lautner wechselte vor einigen Jahren seinen Besitzer.

Wie ein achteckiges UFO schwebt das wohl berühmteste Haus Lautners über den Klippen von Los Angeles. Sogar der Filmindustrie diente das Objekt bereits als inspirierende Kulisse: Unter anderem wurden hier einige Szenen des Filmes Drei Engel für Charlie gedreht. Für einen Kaufpreis von einer Million US-Dollar (rund 680.000 Euro) ging das futuristische Haus in den Besitz des Verlegers Benedikt Taschen über. "Dass die Architektur nicht nur oberflächlich spektakulär, sondern wirklich großartig ist, konnte ich in den vier Jahren, in denen ich im Chemosphere House gewohnt habe, fühlen", sagt Ex-Ehefrau Angelika Taschen, "ich war jede einzelne Sekunde darin glücklich."

Österreich ist im Gegensatz zu Kalifornien kein Epizentrum der Moderne. Architekturjuwelen wie das Haus Scheu (Baujahr 1913) von Adolf Loos werden nur selten zum Verkauf angeboten. Seit Mitte 2006 ist das Hietzinger Terrassenhaus für zwei Millionen Euro nun am Markt. Doch die Interessenten bleiben aus. Die Auflagen des Denkmalschutzes im Falle einer baulichen Adaptierung sind enorm. "Wer siedeln will, muss umlernen", forderte Loos dereinst. Potentielle Käufer sollten sich dies zu Herzen nehmen.  (Monika Platzer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.9.2008)