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Wien - Die Rohölpreise haben sich von ihren Höchstständen im Juli von knapp 150 Dollar je Fass (159 Liter) deutlich entfernt. Auch die Treibstoffpreise sind gesunken - wenn auch zaghaft und insgesamt zu wenig, wie die Autofahrerklubs kritisieren. Dennoch gibt es wenig Hoffnung auf eine spürbare Entlastung beim Tanken.
"Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und sagen, der Ölpreis hat sich um soundso viel verbilligt, also müssen die Treibstoffpreise auch im selben Ausmaß sinken" , sagte der Geschäftsführer des Fachverbands der Mineralölindustrie, Christoph Capek, dem Standard. Tatsächlich könne man nur die Produktenpreise in Rotterdam mit den Nettopreisen an den heimischen Tankstellen vergleichen, also abzüglich Steuern und Abgaben. Capek: "Da sieht man, dass der Abstand kleiner wird."
Seit 1. September führt der Fachverband täglich (Montag bis Freitag) statt wöchentlich Preiserhebungen durch. Dabei werden Daten von Mitgliedsfirmen aus ganz Österreich gesammelt und ausgewertet. Diesen Berechnungen zufolge hat sich Eurosuper (95 Oktan) von Dienstag auf Donnerstag dieser Woche um fast zwei Cent auf durchschnittlich 1,29 Euro verbilligt; der Preis für Diesel ist von 1,308 Euro auf durchschnittlich 1,320 Euro je Liter gesunken. Unter den EU-27-Ländern rangiert Österreich damit an 14. (Eurosuper) bzw. 11. Stelle (Diesel).

Steuerbelastung

Die Steuern sind tatsächlich mit ein Grund, warum der Preisrückgang nicht nachhaltiger ausfällt Mittels Umsatz- und Mineralölsteuer sichert sich der Finanzminister rund 50 Prozent des an den Zapfsäulen angeschriebenen Preises.
Auch der Wechselkurs spielt eine Rolle. Der starke Euro hat gerade im Frühsommer, als die Ölpreise fast täglich neue Rekordstände erklommen haben, die Konsumenten in Europa vor noch höheren Preisausschlägen bewahrt. Mit dem Wiedererstarken des Dollar, in dem traditionell Ölkontrakte gehandelt werden, wird dieser Effekt geringer. Ein Preisrückgang auf Dollarbasis fällt in Euro gerechnet weniger stark aus.
Warum die Spritpreise trotz Untersuchungen der Wettbewerbsbehörde und Forderungen von Politikern zumindest auf absehbare Zeit nicht spürbar sinken werden, hat nicht zuletzt mit der Opec zu tun. Die Organisation erdölexportierender Länder, die für rund 40 Prozent der weltweiten Ölproduktion steht, will verhindern, dass der Ölpreis unter die 100-Dollar-Marke fällt. Im gegenteiligen Fall hätten manche Länder Budgetprobleme.

Preise etwas höher

US-Leichtöl der Sorte WTI wurde am Donnerstagnachmittag in Erwartung neuer Lagerbestandsdaten aus den USA etwas höher bei 110,08 Dollar je Fass gehandelt, der Preis für die in Europa maßgebliche Nordseesorte Brent legte um 53 Cent auf 108,59 Dollar zu.
Im Vorfeld der kommenden Dienstag in Wien stattfindenden Opec-Konferenz hat unter anderem Venezuela aus Sorge um den Preisverfall bei Rohöl eine Produktionskürzung verlangt. Ehsan Ul-Haq von JBC Energy, einem auf Energiemarktanalysen spezialisierten Unternehmen, geht davon aus, dass insbesondere Saudi Arabien seine Überproduktion von gut einer Mio. Fass am Tag reduzieren wird, bevor eine neue - niedrigere Quote im Ölkartell festgesetzt wird. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.9.20089