Widersprüchlich, unscharf, inhaltsleer, Lückenfüller. Die Zensuren, mit denen die Nationalstiftung für Forschung und Technologieentwicklung von wesentlichen Entscheidungsträgern der Forschungsförderszene bedacht wurde, sind wenig schmeichelhaft. Sie kommen freilich nicht überraschend, denn der Reformbedarf bei der staatlichen Geldverteilungsmaschine ist unübersehbar.

Vier Jahre nach seiner Errichtung im Jahr 2004 ist der Finanztopf Nationalstiftung allein aufgrund des niedrigen Zinsniveaus von 125 auf 80 Millionen Euro geschrumpft. 2009 dürfte sie laut aktueller Einschätzung nur mehr 70 Millionen sein. Womit klar ist, dass die aus Zinserträgen des ERP-Fonds und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) gespeiste Nationalstiftung ihrem Auftrag Forschungsförderung nur mehr in eingeschränktem Maß nachkommen kann.

Also ließen der in die Verteilung der Stiftungsgelder maßgeblich involvierte und die mit der Verwaltung der Stiftungsagenden betraute staatliche Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) das segensreiche Wirken der Stiftung unter die Lupe nehmen. Mit der Evaluierung beauftragt wurde im April 2008 das Beratungsunternehmen AMC Management Consulting. Selbiges kam nach umfangreichen Analysen und zwei Dutzend Interviews mit maßgeblichen Förderentscheidern (die praktischerweise zu einem erheblichen Teil selbst Fördernehmer der Nationalstiftung sind, Anm.) zu dem Schluss, dass die Stiftung ihren gesetzlichen Auftrag teilweise klar verfehlt.

Das im wesentlichen aus zwei Gründen: Die Stiftung verfügt weder über die entsprechende mehrjährige Dotierung noch über ausreichend budgetunabhängige Stabilität, um strategische Forschungsinitiativen nachhaltig zu finanzieren. Und: "Die Fachressorts betrachteten die Stiftungsmittel als Teil ihres F&E-Budgets" und füllten budgetäre Lücken elegant mit Stiftungsgeldern auf, wie im Evaluierungsbericht, der dem Standard vorliegt, vernichtend festgehalten wird.

So sieht die Mittelverwendung auch aus: 59,7 Prozent wurden laut AMC im Zeitraum 2004 bis 2008 "wenig zielkonform" verwendet, also für konservative F&E-Projekte, die prinzipiell wohl förderwürdig seien, laut den gesetzlichen Vorgaben aber nicht mit Mitteln der Nationalstiftung. Vielmehr wären diese Vorhaben aus den Ressort- und/oder Förderagenturbudgets zu bestreiten. Für nachhaltige, mehrjährige und interdisziplinäre Exzellenzforschung hingegen wurden nur 22,4 Prozent der Stiftungsmittel verwendet. "Hoch-zielkonform", wie es AMC bezeichnet, wurde also gerade einmal ein Fünftel des Sondertopfs eingesetzt.

Monetäre Ebbe

In den ersten zwei Jahren (bis 2006) waren es überhaupt nur zehn Prozent, die gesetzeskonform verteilt wurden. Das erklärt sich freilich aus der Entstehungsgeschichte. Damals herrschte in den Förderagenturen (konjunkturbedingt) monetäre Ebbe. Um ERP- und OeNB-Mittel überhaupt anzapfen zu können (ihre Verwendung unterliegt US-Verträgen bzw. den strengen Regeln der EU-Währungsunion für die nationalen Notenbanken), mussten gute Gründe angeführt werden, die eine langfristige Zweckbindung bei der Verwendung der Erträge erlaubten. Innovation als Zukunftsmarkt und Schlüsselfaktor des Lissabon-Ziels ging da gerade noch durch bei den Währungshütern.

Da das Stiftungsvermögen nun endgültig als endenwollend erkannt wurde (das Finanzministerium füllt den Fehlbetrag nicht auf, die Stiftungsmittel für F&E sind rückläufig) ist eine Totalreform der Behelfskonstruktion unumgänglich. Da Geld für Forschung im Wahlkampf im Gegensatz zur Inflationsbekämpfung aber nicht spielentscheidend ist, hat man sich quasi auf Gesundschrumpfen verlegt: Für eine auf ihre ureigenen strategischen Ziele reduzierte Stiftung erachtet AMC eine Dotierung mit "acht bis zehn Prozent der direkten Forschungsförderung" von einer Milliarde Euro pro Jahr für ausreichend. Sie sollten künftig nicht mehr jährlich, sondern in zweijährigen Ausschreibungen vergeben werden und zwar über Antrag an FFG, AWS und FWF beziehungsweise an die Stiftung selbst (betrifft Akademie der Wissenschaften, Christian-Doppler- und Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft).

Die Rangfolgeempfehlung sollte laut AMC nach wie vor der (seit der Regierungsbildung 2007 in seinem Einfluss deutlich beschnittene) Forschungsrat vornehmen. Nicht aber die Mittelzuteilung. Sie soll vom Stiftungsrat gemeinsam mit den jeweiligen geförderten Institutionen abgewickelt werden, über die die genehmigten Vorhaben abgewickelt werden sollen. Damit bleibt der politische Einfluss gesichert, denn die Sektionschefs sitzen ohnehin in der Stiftung. "Wird die Nationalstiftung nicht mehr zweckwidrig angezapft, müsste sie mit weniger Geld auskommen", sagt eines ihrer Mitglieder.

Bleibt die Schlüsselfrage, woher Forschungsförderungsgesellschaft FFG und Wissenschaftsfonds FWF - ihnen flossen immerhin rund vier Fünftel der jährlichen Ausschüttungen der Stiftung zu - monetären Ersatz finden. Sie muss die neue Regierung beantworten. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 3.9.2008)