Wien - Für die Diskussion mit dem Titel "Kunst.Standort.Kultur", zu der Wilhelm Molterer am Montag ins Finanzministerium einlud, hatte sich der ÖVP-Spitzenkandidat ein Glaubensbekenntnis skizziert: Kulturpolitik sei "die Kunst, der Kunst zu dienen". Kulturpolitik müsse die Elite wie die Breite fördern, müsse Tradiertes bewahren und Risiko ermöglichen. Sprich: Der Motor sei immer die Kunst, die Kulturpolitik dürfe maximal das Vehikel, besser: der Treibstoff, sein.

Dies blieb beim zweiten Teil der Serie Perspektive Österreich nicht ganz unwidersprochen: Der Salzburger Galerist Thaddaeus Ropac forderte von der Kulturpolitik sehr wohl eine (Neu-)Definition des Kulturbegriffs ein, denn es gäbe nur einen "verkitschten".

Davor warnte Molterer zu Recht in einer Replik: Die Kulturpolitik würde dann bestimmen, was das Erwünschte sei - und was das Unerwünschte. Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky stimmte Molterer prinzipiell zu: Natürlich habe sich die Politik aus ästhetischen Fragen herauszuhalten. Aber er wies den Finanzminister, der nach der Wahl am liebsten den Kunstkanzler geben würde, auf die Realität hin: Die Lenkung passiert über die Verteilung der Mittel - "und das ist etwas Ideologisches". Sprich: Wie viel Treibstoff stellt die Politik für welches Genre, für welche Ausrichtung zur Verfügung? Und: Kommt sie den privaten Treibstofflieferanten irgendwie entgegen?

Da waren sich Ropac und Ruzowitzky wie auch Helga Rabl-Stadler, die Präsidentin der Salzburger Festspiele, ziemlich einig: Es braucht die steuerliche Absetzbarkeit (als "Schubkraft"), es braucht Abschreibmodelle. Sonderbarerweise - in den letzten Jahrzehnten hatten die Finanzminister aller politischen Coleurs steuerliche Erleichterungen abgelehnt - sprach sich auch Molterer für die Absetzbarkeit aus. Und ohne Unterlass betonte er die Wichtigkeit der privaten Initiative, das Zusammenspiel der öffentlichen Hand mit ihr.

Dies ließ den Verdacht aufkommen, dass die private Initiative für die Defizite des Staates einspringen soll. Rabl-Stadler, von Moderator Helmut A. Gansterer peinlicherweise als "zickig" beschrieben, wiederholte daher ihre Forderung nach mehr Geld: "Die Festspiele zahlen mehr Steuern, als sie an Subventionen bekommen. Wir sind daher keine Bittsteller."

Ähnlich argumentierte Ruzowitzky, der demnächst auch in der sizilianischen Stadt Agrigent für seinen Film Die Fälscher ausgezeichnet wird: Der deutsche Filmfonds, dotiert mit 60 Millionen Euro, habe schon im ersten Jahr eine sechsfach so hohe Wertschöpfung ausgelöst. Österreich entgehe daher auch volkswirtschaftlich einiges. Beim neuen Bond-Film stelle Österreich nur die Statisten und die Kulisse. Das sei falsch: Man müsse die Creative Industries aufbauen. Auch wenn dies weniger sexy sei, als sich mit James Bond fotografieren zu lassen. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 9. 2008)