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Erklärungen dafür,warum Stimmen bei derHauptversammlung imNachhinein noch gewertetwurden, hat MIP-ChefHans Haider viele abgegeben. Jetzt muss er sie vor einemGericht auf der KanalinselJersey begründen.

Foto: AP/Ronald Zak

Wien - Ein Tonbandprotokoll der Hauptversammlung am 28. Juli von Meinl International Power wirft ein grelles Licht auf das Abstimmungsprozedere: Demnach hat MIP-Chef Hans Haider entscheidende Stimmenpakete portugiesischer Investoren zwei Tagesordnungspunkte lang liegen lassen, bevor er später ihre nachträgliche Hinzuzählung erlaubte. Das Ergebnis: Michael Treichl flog doch nicht aus dem Direktorium. Der bereits mit Mehrheit gewählte Richard Boléat kam nicht zum Zug. Klären muss die Rechtmäßigkeit das Gericht in Jersey.

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Wien - Die Abschrift eines Tonbandprotokolls der Hauptversammlung von Meinl International Power (MIP) sorgt für neue Aufregung. Noch immer geht es um die Frage, ob die nachträgliche Hinzuzählung von Stimmen großer Investoren bei zwei Tagesordnungspunkten rechtens war.
Die beiden MIP-Hauptversammlungen am 28. Juli sind zum Teil auch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens. Denn einige Beschlüsse dieses Aktionärstreffens wurden angefochten - der Standard berichtete. Eingebracht haben die Anfechtungsklage streitbare Investoren, die das damalige Direktorium, das als Meinl-nahe galt, abwählen lassen wollte.

Strittig ist vor allem die Ab- und wieder Hinzuwahl von MIP-Direktor Michael Treichl (siehe Chronologie). Möglich wurde die nachträgliche Änderung der Abstimmung, weil die Stimmen portugiesischer Investoren vom "Ja" auf den "Nein" -Stapel gewandert sind. Von MIP-Direktor Hans Haider gibt es mittlerweile mehrere Erklärungen, warum die Portugiesen nicht gleich so abgestimmt hätten, wie sie eigentlich wollten.

  • Sie hätten vergessen, ihre Stimmkarten hochzuhalten.
  • Sie waren zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht im Saal.
  • Sie hatten zum Zeitpunkt der Abstimmung Verständigungsprobleme, da die Simultanübersetzung ausgefallen sei.
  • Sie seien von anderen Anlegern abgelenkt worden und hätten daher den Zeitpunkt der Abstimmung verpasst.

    Die streitbaren Investoren stört an dieser Darstellung, dass die Hinzuzählung dieser entscheidenden Stimmenblöcke erst passiert ist, als das Abstimmungsergebnis der Abwahl Treichls vom Notar angenommen und von Haider verkündet worden war. Sogar die Abstimmung über den nächsten Tagesordnungspunkt war vorbei - ins Board gewählt wurde mit 51,08 Prozent Richard Boléat. Er war von den "Rebellen" nominiert worden. Auch dieses Ergebnis wurde von Haider verkündet.

    In einer Aussendung am vergangenen Donnerstag rechtfertigte Haider seine Vorgangsweise. Die umstrittene Hinzuzählung der portugiesischen Stimmen sei "zulässig und sogar geboten" gewesen, weil dem Chairman "noch vor Verkündung des Abstimmungsergebnisses von den betroffenen Investoren die schriftliche Mitteilung gemacht" worden sei, "dass ihre Stimmabgabe womöglich irrtümlich gewertet wurde".

    Diese Argumentation ist laut Rechtsexperten die einzige, nach der es zulässig gewesen wäre, dass Haider die Stimmen nachträglich hinzuzählen hat lassen.

    Diese Erklärung könnte nun ins Wanken geraten. Denn die Abschrift einer Tonbandaufnahme der Hauptversammlung, die dem STANDARD vorliegt, belegt, dass Haider um 17.15 Uhr die Abwahl von Treichl verkündet hat: "...das entspricht einem Ergebnis von 53,08 Prozent, damit ist Herr Dr. Treichl abgewählt" , wird Haider darin zitiert. Um 17.26 sagte Haider laut Protokoll auf eine Frage von "Rebellen-Sprecher" Alexander Proschofsky erneut: "Treichl ist abgewählt, das ist korrekt." Es ging weiter mit der Abstimmung zu Boléat.

    Erst um 17.44 Uhr, also nach Verkündung der Treichl- und Boléat-Abstimmung, folgte Haiders Hinweis, dass ihm eine Erklärung von "zwei Herrschaften" vorliege, deren Stimmen nicht gezählt wurden. Um 17.50 Uhr entschied der "Queen's Counsel" (Rechtsberater), dass die Stimmen hinzugezählt werden dürfen. Um 18 Uhr erklärt Haider: "Die Herrschaften haben's nicht hochgezeigt."

    Warum er das Abstimmungsergebnis verkündete, obwohl zwei Erklärungen vorgelegen haben, erhellte Haider am Montag nicht. Im Gerichtsverfahren in Jersey wird er das wohl tun. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.9.2008)