Grace Jones: "Hurricane"
Ende Oktober erscheint das erste Album der großen 59-jährigen Diva from outter space seit 1989 ("Bulletproof Heart"). Und eine schmuck- und informationslose Vorabpressung kündigt Großes an. Neben der seit "Nightclubbing" alt-bewährten jamaikanischen Crew um Sly & Robbie veredeln auch Brian Eno, Tricky oder Tony Allen die neun neuen, technoiden und futuristischen Reggae-Songs. Herausragend dabei die bedrohliche sechseinhalbminütige Kapitalismuskritik "Corporate Cannibal" (das exzeptionelle Alien-Video von Nick Hooker kann man seit Juli auf Youtube bewundern!), "This Is", "Love You To Life", "Devil In My life" oder der Titelsong.
(Wall Of Sound/Edel)

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www.theworldofgracejones.com

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David Byrne & Brian Eno: "Everything That Happens Will Happen Today"
Die erste, vorerst nur als Download erhältliche Zusammenarbeit der beiden alten Visionäre seit "My Life In The Bush Of Ghosts" im Jahr 1981. Die Aufgabenstellung: ein "elektronisches Gospelalbum", das Hoffnung in traurigen Zeiten verbreiten soll. Brian Eno lieferte die Musik, David Byrne steuerte Gesang, Lagerfeuergitarre und Texte bei. Das digitale Artwork stammt vom Vorarlberger Stefan Sagmeister. Neben einer digitalen Fortführung der einstigen analog aufgenommenen Afro-Futurismusexperimente der Talking Heads oder Country- und Gospelanleihen sowie Ambientpopstudien sticht dabei vor allem auch der herzzerreißende Opener "Home" heraus. Ein wunderbar anrührender deutscher Schlager, entstanden in Downtown New York. Der beste Song, den beide Künstler seit Jahrzehnten geschrieben haben.

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www.everythingthathappens.com

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Ascend: "Ample Fire Within"
Während Doom-Metal-Gott und Sunn0)))-Kollege Stephen O'Malley derzeit mit dem Wiener Laptop-Extremisten Peter Rehberg als KTL um die Welt tourt und dazwischen mit Gott und der Welt kurzfristige Kollaborationen eingeht, ist es Greg Anderson gemütlicher angegangen. Mit seinem neuen Duo verfeinert er das sich immer knapp vor dem Nullpunkt auftürmende Gitarrendonnergrollen um Walkürenritt-Elemente aus der Klassik, setzt gar ein Beserlschlagzeug, Orgel und einen Bläsersatz ein - und lässt Tom Waits älteren Bruder aus der Hölle berichten. Anspieltipps: "The Obelisk Of Kolob", "V O G" und "Her Horse Is Thunder". (Southernlord/Trost)

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www.southernlord.com

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Bohren & Der Club Of Gore: "Dolores"
Die Band aus dem Ruhrpott klingt nach meisterlichen Alben wie "Midnight Radio", "Black Earth" oder zuletzt der bezüglich Langsamkeit und frostigem Minimalismus weltrekordverdächtigen "Geisterfaust" noch immer wie die Beserljazz-Hausband von David Lynch im Twin-Peaks-Hotel. Allerdings wurde die Hotelbar während der letzten Jahre nicht nur zunehmend abgedunkelt. Mittlerweile ist sie auch von außen zugesperrt, die Fenster zugemauert. Und für Band und Publikum innen wird die Luft langsam knapp. Wunderbar gruseliger Kammerjazz und Dark Ambient mit Vibraphon, Saxophon, Fender Rhodes und Drums, am 27. Oktober live in der Arena. CD ab Oktober im Handel. (Pias/Edel)

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www.bohrenundderclubofgore.de

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Parenthetical Girls: "Entanglements"
Das fabelhaft und abenteuerlich zwischen Versponnenheit und Hysterie schwelgende Quartett aus Portland, Oregon, um das junge Tragödentalent Zac Pennington beschäftigt sich auf seinem dritten Album mit der orchestralen, an Van Dyke Parks oder Randy Newman erinnernden Umsetzung immer gut gehender Themen wie Sterndeutung, jugendliche Sexualität, Quantenmechanik - und andere moralische Grundsatzfragen. Für Hörer, denen Randy Newman mit seinem neuen Album "Harps And Angels" doch ein bisschen zu selbstgenügsam und auf Nummer sicher gehend klingt, bitte sehr. Der Jugend eine Chance. Ein Album des Jahres. Ab 9. September im Handel. Live am 2. 11. in der Wiener Arena. (Tomlab)

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www.slendermeanssociety.com/parenthetical/

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Top Ranking Santogold: "A Diplo Dub"
Die im Gefolge der großen tamilisch-britischen Agit-Dancefloor-Heldin M.I.A. naturgemäß etwas verblassende US-Sängerin Santogold veröffentlicht gemeinsam mit Starproduzent Diplo im Zeichen Jamaikas ein hübsch eklektizistisches Mixtape. Auf dem kommen neben Aretha Franklin, Devo und Sir Mixalot auch alte Helden wie Barrington Levy, Desmond Dekker oder The Clash vor, aber auch Zeitgenössisches wie Tony Matterhorn, Skream und Richie Spice. Von Santogold selbst hört man den neuen Song "Icarus". (Mad Decent)

Link:
www.maddecent.com

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Ragga Twins: "Ragga Twins Step Out"
Anfang der 90er-Jahre arbeitete das Londoner Duo gemeinsam mit dem Produzententeam Shut Up And Dance an einer noch heute modern und atemberaubend klingenden Verbindung von Dancehall Reggae, HipHop und Jungle. Dazu reimte man düstere, illusionslose Beobachtungen des tristen britischen Alltags, sang über Obdachlosigkeit, Margaret Thatcher und "Hard Drugs". Eine hervorragende Werkschau. (Soul Jazz Records/Trost)

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www.souljazzrecords.co.uk

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Wild Billy Childish And The Musicians Of The British Empire: "Thatcher's Children"
Der närrische Undergroundrüpel produziert seit 30 Jahren dieselbe Platte. Man kann dies auch Stil nennen. Hier poltert sich der Mitbegründer der jeglichen Fortschritt ab dem als Punkrock gedeuteten Beatles-Album "Live At The Star Club" verweigernden Kunstbewegung "The Stuckists" durch neue Rüpeleien im Zeichen bis an den Anschlag gefahrener Miniverstärker und heutzutage eigentlich unbespielbarer Vintage-E-Gitarren. Groß und von erhabener Blödheit! Eine Homepage zu haben, ist allerdings etwas inkonsequent. (Damaged Goods)

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www.billychildish.com

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Asva: "What You Don't Know Is Frontier"
G. Stuart Dahlquist von den US-Doom-Metal-Göttern Burning Witch, die dann in Sunn0))) übergingen, bei denen Dahlquist dann auch immer wieder aktiv ist, veröffentlicht mit seiner siebenköpfigen, unter anderem von Earth und Mr. Bungle kommenden Band ASVA bei vier Stücken auf 70 Minuten bleiern-schwere, zwischen tief gelegtem Gibsongitarren-Donnergurgeln, Progressive-Rock-Schüben und Dröhnland-Symphonie angelegte Soundbrocken. Überwältigend, beängstigend, toll. (Southern/Trost)

Link:
www.southern.com/asva

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Lady Gaga: "The Fame"
Wer ohne die gute Mutter Madonna nicht leben kann, sich aber Britney-Spears-im-Pornoladen-Inszenierungen lieber von der jungen und nicht rüstigen Weltjugend um die Ohren knallen lässt, Leute, hier kommt das neue Ding! Latexpanier kombiniert mit Chanel, wuchtige Beats, fetzige Dancefloor-Sounds, immer auch ein bisschen trashy und der Zeit hinten nach. Songtitel wie "Paparazzi", "Beautiful, Dirty, Rich", "I Like It Rough" oder "Money Honey" - dazu ein Madonna zumindest ebenbürtiger Gesang. Und auch Lady Gaga schreibt ihre Lieder selber. Hallo! Kurz, Youtube kombiniert mit Youporn. Das könnte groß werden. (Streamline/Universal)

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www.ladygaga.com

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