Es liegt zwar vor wie ein Buch. Doch der Inhalt ist nicht lineare Lektüre, vielmehr eine Sammlung von Projekten, Dokumenten, Spuren und Gesprächen, die einem Thema gewidmet sind: dem Beharren bzw. sogar dem Vordringen der mündlichen Kommunikation. Die Künstlerin Andrea van der Straeten hat in ihren grenzüberschreitenden Arbeiten immer wieder auf die Spuren des "dahin Gesagten" geachtet, ob als Kommentar auf der Straße, als aufgenommene Dialoge oder "verschriftlicht" an Hauswänden und in der Werbung. Die Ausbeute ihrer Sammlung stellt sie in dem elegant gebundenen und mit viel Sorgfalt auf verschiedenen Papiersorten gesetzten Buch Lauter Flüstern/Whispering Louder vor.

Die Formen folgen den Inhalten: Gerüchte über die mögliche Zukunft von Institutionen in Linz, im Rahmen eines Projekts 2004 gesammelt, sind im Faksimile als Post-it-Notizzettel wiedergegeben. Einer Recherche über dem Vergessen anheim gefallene "Rumor Clinics" in den USAstellt van der Straeten Dokumentarbilder aus Chicago gegenüber. Ein beigefügter, täuschend echter 1000-Lire-Schein ist mit Beschimpfungen von Umberto Bossi und seiner Lega übersät, die sich jemand von der Seele gekritzelt hat. Das Zentrum dieser Collage bildet ein ausschweifendes und immer neue Kurven kratzendes Gespräch van der Straetens mit Alexander Kluge über Männer- und Frauendiskurse, Graffiti, das intime Internet und Erzählkunst angesichts von Hilflosigkeit: Mündliches in Bestform. (Michael Freund, ALBUM/DER STANDARD, 30./31.08.2008)