Es sieht so aus, als ob die vor neun Monaten begonnenen Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern nur mehr aus einem Grund nicht abgebrochen werden: Keiner will schuld dran sein, wenn die Gespräche wieder einmal platzen. "Stehen wir vom Verhandlungstisch auf", drückt es ein palästinensischer Vertreter aus, "würde es so aussehen, als ob wir nicht wollen."

Inzwischen droht aber mehr als "nur" ein gescheitertes Friedensprojekt. Wenn es stimmt, was die israelische Friedensgruppe Peace Now sagt, dann haben die Verhandlungen den palästinensischen Interessen bisher geschadet. Laut Peace Now hat Israel den Siedlungsausbau im Westjordanland seit Beginn der Verhandlungen ausgeweitet. Die Siedler wollen die in Annapolis gestarteten Gespräche sabotieren, indem sie mehr Baugenehmigungen beantragen. Israels Regierung hat diese Strategie - im besten Fall - geduldet.

Das Fatale daran ist die Optik. Auf der einen Seite steht der moderate Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland, auf der anderen die radikale Hamas im Gazastreifen: Das ist das vereinfachende Bild des Westens seit dem Aufstieg der Hamas. Die Israelis verhandeln zwar mit Abbas, aber Nutzen für die Palästinenser hat das bisher nicht gebracht. Stattdessen geht der Siedlungsbau weiter.

Im Gazastreifen hingegen kann die Hamas damit prahlen, die zeitweilige Öffnung der Grenzen und einen Waffenstillstand gegen Israel durchgesetzt zu haben. Für Abbas gibt es nicht einmal das: Im Westjordanland führt Israel weiterhin Militäraktionen gegen Extremisten durch. Der radikalere Weg, er ist erfolgversprechender. Diese Botschaft mag nicht intendiert sein. Aber so kommt es rüber. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2008)