Für alles gibt es seine Zeit, ob für Partner, Lieblingslieder oder den Bruch mit diesen. Dazu braucht es das passende Gespür: Gerade bei der Musik - den Partner trifft es hoffentlich selten so ahnungslos wie die Stopptaste des Abspielgeräts.

Auf das TV-Programm umgemünzt, ist die hohe Kunst des perfekten Mixtapes (Playlist, etc.) beim Arte-Themenabend Cosmic Krauts schiefgegangen. Was klingt wie ein Wehrmacht-Raumfahrtprojekt, soll in Musikliebhaberkreisen für Ohs und Ahs sorgen: Der Krautrock, angelehnt an den englischen Schimpfnamen „Krauts" für die Deutschen im Zweiten Weltkrieg, umfasst teils hörenswerte musikalische Strömungen im Deutschland der späten 60er- und frühen 70er-Jahre.

Doch der Themenabend am Donnerstag greift zu kurz: Die Doku Roboter essen kein Sauerkraut, die bei Kraftwerk den Titel ausleiht, versucht eine ganze Epoche Musikschaffen zu umfassen - und scheitert. Bands wie Ton Steine Scherben, Neu!, Amon Düül, Can, Kraftwerk und deren Sargnägel wie Udo Lindenberg sind zu verschieden, als dass sie ein einheitliches Phänomen wären. In der Doku wird das zwar mehrfach betont, aber nicht danach gehandelt.
So verkommt sie zur Stichwortgebersendung, in der Bandmitglieder von drogenumnachteten, „legendären" Auftritten schwärmen, längst vergangenen Tagen nachtrauern oder auf alte Freunde wie den „kosmischen Kurier" Rolf-Ulrich Kaiser schimpfen. Aktueller wäre es, ihre Stiefkinder - Punk! - zur Musik der Hippie-Eltern zu befragen. Oder - wenn schon brav - Bands zu präsentieren, die heute ordentlichen deutschen Prog-Rock machen, seien es Hellmut Hattler oder Musiker von Elektrohasch Records.

So tröstet erst Mario Adorfs Tod zur Musik von Can in Deadlock über einen Abend voller Namen - aber ohne ein einziges Flötensolo. (hoge/DER STANDARD; Printausgabe, 29.8.2008)