Weltpremiere der Mazda Studie Kazamai auf der Moskau International Motorshow 2008

Foto: derStandard

Wenn sechs Koreaner mit dunklen Anzügen und roten Krawatten auf einen zustürmen und einen aufgeregt anbrüllen, dann kann man annehmen, dass deren Chef anwesend ist. Der junge Russe drehte also instinktiv gleich die zuvor ohrenbetäubende Musik, die aus dem Heck des zu einer fahrenden Lautsprecherbox umgebauten Autos krachte, leiser. Die Koreaner waren zufrieden, stellte doch gerade einer ihrer Bosse den neuen Kia Mohave vor. Eine Europapremiere. Auch die Europäer und Japaner nutzten den „Moskowski Meschdunarodni Awtosalon“ entsprechend. Das Zauberwort ist „meschdunarodni“, übersetzt: international.

Wie berichtet, hat der Moskauer Salon erstmals vom Herstellerverband diesen Adelstitel verliehen bekommen. Sonst tragen jenen nur die Messen in Detroit, Tokio, Frankfurt, Paris und Genf. All die anderen sind bestenfalls von nationaler Bedeutung. Der Unterschied: In die internationalen Salons stecken die Konzerne richtig viel Geld und beschicken sie mit „Premieren“, die Medienpräsenz bedeuten.

Das neue Prestige hatte auch ein neues Flair der Moskauer Messen mit sich gebracht: War die Provinzmesse vor zwei Jahren noch etwas zu laut (Dodeltechno aus allen verfügbaren Lautsprecherboxen), zu grell (vor der Halle tummelten sich die Tuner mit äußerst fragwürdigen Autokonzepten, die Namen wie „Prolosaur“ trugen) und zu ordinär (die Heerscharen von Models neben den Autos hatten äußerst wenig an), so gibt sich die Messe 2008 erwachsener, abgeklärter. Models neben jedem zweiten Auto sind zwar noch immer Pflicht, lediglich Hersteller wie Mercedes, VW oder Volvo üben sich hierbei in Zurückhaltung.

>>> Frauen auf Blech, Gender-Incorretness und echte Pistolen

Aber hinsichtlich Frauen auf Blech gibt man sich etwa in Italien oder Fernost auch nicht viel prüder. Der Großteil der Autokäufer ist männlich und der Großteil der Fotografen internationaler Agenturen auch. Bei Gender-Incorrectness scheint die Autobranche unerschütterlich, und der russische Salon ist das Bollwerk gegen jede Änderung. Nirgendwo anders sieht man Frauen in Fellbikinis auf Pick-up-Ladeflächen tanzen und dabei echte (!) Pistolen schwingen.

Der japanische Hersteller Mazda, im Einflussbereich Fords, aber im Gegensatz zu diesem finanziell und modelltechnisch gut aufgestellt, nützte Moskau zum Beispiel, um ein Konzeptauto namens Kazamai herzuzeigen, das das Design künftiger Serienmodelle vorwegnehmen soll. Laut Mazda ist die Studie „speziell für den russischen Markt“ konzipiert worden, sie sei ein Crossover zwischen Coupé und kompaktem Geländewagen, ähnlich wie der nicht unerfolgreiche Nissan Qashqai. Mazda lud dazu knapp 80 Journalisten aus 20 Ländern ein. Bei der Präsentation hüpften Tänzer und staksten Models vor dem Wagen herum – aber als Besonderheit intonierte zu HipHop von der CD der auf dem Mazda-Stand aufmarschierte, gut drei Dutzend Mann starke Soldatenchor des Armeedistrikts Moskau den Infidels-Hit: „Can’t get enough“. Zu viel? Niemals! Gerade genug. Wer mehr auf die Autos achtet, sieht an der massiven Auffahrt aller Herstellerländer (außer Indien), wie wichtig der Markt ist. Die europäischen Platzhirsche versuchen sich im gehobenen Segment, die Japaner sind Marktführer, im Billigsdorf versuchen die Koreaner gerade den Ansturm der Chinesen und der mit westlicher Hilfe wiedererstarkten russischen Hersteller (Renault & Lada!) abzuwehren.

Wie lange die Party gutgeht, ist fraglich: Der Managing Director Hyundais in Russland, Denis Petrunin, sagte, der Krieg in Georgien habe Konsumenten verunsichert. Andere vermuten, dass nichts die Russen aufhalte, heuer mit 3,4 Mio. neuen Autos Deutschland als größten Markt Europas abzulösen. (Leo Szemeliker aus Moskau/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.8.2008)