Wien - Der "Terror-Prozess" gegen Mohamed M. und seine Frau Mona S. muss wiederholt werden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Verurteilung des 22-Jährigen teilweise aufgehoben, im Fall seiner um ein Jahr jüngeren Mitangeklagten sogar komplett. Der Grund für die Entscheidung liegt in der ungenauen Fragestellung an die Geschworenen.

Am 12. März hatten die acht Geschworenen am Wiener Landesgericht die Schuldsprüche gegen die beiden gefällt. Vier Jahre sollte Mohamed M. ins Gefängnis, weil er im Internet Anschläge auf Stadien und Zuseher der Fußball-Europameisterschaft 2008, in- und ausländische Politiker sowie Gebäude und Einrichtungen in Wien erörtert habe. Weiters soll er an der Entstehung eines "Drohvideos" an die Regierung mitgewirkt haben, mit dem Österreich und Deutschland zum Abzug ihrer Soldaten aus Afghanistan gezwungen werden sollten. Das alles soll er gemeinsam mit seiner Frau, die zu 22 Monaten Haft verurteilt worden war, im Rahmen einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation gemacht haben.

Und in diesen beiden letzten Punkten hat der OGH ein Problem gesehen. "In dem Fragenkatalog der Berufsrichter, anhand dessen die Geschworenen entscheiden müssen, ist nicht genau erkennbar, warum die beiden Delikte zutreffen sollen. Dem Gesetz nach muss konkret erklärt werden, was jemand gemacht hat, um die Bedingungen zu erfüllen" , erklärt OGH-Sprecher Kurt Kirchbacher im Gespräch mit dem Standard.

Rechtskräftig sind dagegen bei Mohamed M. die Punkte "Nötigung der Bundesregierung" , "Versuchte schwere Nötigung" und "Aufforderung zu einer gerichtlich strafbaren Handlung." Die Nichtigkeitsbeschwerde von Verteidiger Lennart Binder wurde vom Höchstgericht abgewiesen.
Binder fordert nach der Entscheidung eine sofortige Freilassung seiner Mandanten bis zum neuen Prozess. "Die beiden sitzen seit einem Jahr in Untersuchungshaft" , sagt er zum Standard. Eine Ansicht, der der OGH einiges abgewinnen kann. Sprecher Krichbacher plädiert dafür, den neuen Prozess wegen der langen U-Haft "beschleunigt" anzusetzen.

Anwalt Binder will bei der Neuauflage des Prozesses wiederum die Rechtmäßigkeit und Berechtigung der Onlinefahndung in den Mittelpunkt stellen. Ermittler hatten den Datenverkehr von Mohamed M. kontrolliert - unter anderem indem sie unbemerkt spezielle Überwachungssoftware auf seinem Laptop installiert hatten.

Als das Paar, nach Angaben der Polizei, geplant hatte sich nach Ägypten abzusetzen und den tragbaren Computer zu zerstören, wurden sie im vergangenen September verhaftet. Auch ein dritter Verdächtiger wurde damals ins Gefängnis gebracht, die Vorwürfe gegen ihn zerschlugen sich jedoch rasch. In einer Pressekonferenz bezeichnete der damalige Innenminister Günther Platter (ÖVP) das Trio noch als "Franchisenehmer" des Terrornetzwerkes Al-Kaida.

Die Festnahmen sorgten international für Folgen. In Kanada wurde ein aus Nordafrika stammender Mann verhaftete, weil er angeblich Sprengstoff ins Ausland bringen wollte und an der Herstellung des im März 2007 veröffentlichten Drohvideos beteiligt gewesen zu sein. Dem 34-Jährigen wurde im Februar die Entlassung auf Kaution verwehrt, ein Prozess hat bisher aber noch nicht statt gefunden.

Unmittelbare Gefahr durch konkrete Anschlagspläne konnte die Exekutive Mohamed M. nicht nachweisen. Er soll vornehmlich in Internetforen über mögliche Attentatsziele spekuliert haben. Darüber hinaus soll er der Verantwortliche für die deutschsprachige Version der GIMF, der "Globalen islamischen Medienfront" gewesen sein. Die Organisation gilt als Al-Kaida-Sprachrohr und hatte zuletzt im April 2008 berichtet, das Außenministerium habe Lösegeld für die in der Sahara entführten Österreicher gezahlt. (Michael Möseneder, DER STANDARD - Printausgabe, 29. August 2008)