Hillary Clinton hat erledigt, was die Öffentlichkeit von ihr erwartet hat: Routiniert, aber doch ohne sichtbare Leidenschaft, stellte sie sich hinter Präsidentschaftskandidat Barack Obama. Mit ihrem enthusiastisch bejubelten Auftritt in Denver zeigte die Senatorin aber gleichzeitig, dass sie für die zweite Reihe nicht taugt. Eine Übergabe der demokratischen Partei an Obama, wie sie tags zuvor die Kennedys zelebriert hatten, wollte der Clinton-Clan nicht inszenieren. Auf der Ehrentribüne setzte Bill Clinton, der talentierteste Wahlkämpfer zwischen Denver und Timbuktu, zur Rede seiner Frau das sauerste Lächeln auf, das er in seinem reichen Repertoire finde konnte. Die Sache war erledigt, aber ausgestanden noch lange nicht.

Wie viele der enttäuschten Hillary-Anhänger ihrem Wahlaufruf nachkommen werden, lässt sich schwer quantifizieren. Die Parteiräson und die Furcht vor einem John McCain, der im Weißen Haus George W. Bushs Politik in weiten Teilen nahtlos weitermachen würde, wird die in Umfragen erhobene Zahl der Renegaten wohl noch sinken lassen. Ob das in dem Dutzend Bundesstaaten, in denen es auf jede einzelne Stimme ankommt, reichen wird, ist fraglich. Auch viele Parteifunktionäre, darunter der frühere Parteichef Terry McAuliffe, der am Tag der Nominierungsrede Obamas demonstrativ die Stadt verlässt, scheinen weiter nicht gewillt, für den ungeliebten Kandidaten im Wahlkampf zu laufen.

Das Einzige, was nach diesem Auftritt sicher scheint, ist: Geht die Sache für Barack Obama im November schief, hat Hillary Clinton an diesem heißen Augusttag in Denver ihre erste Wahlkampfrede für die Kampagne im Jahr 2012 gehalten. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2008)