"Dass es sich um eine Fälschung handelt": "Bild" über den Vertrag, vorgelegt vom "Österreich"-Vertreter.

 

 

Welches Blatt hätten S' denn gern? Fellners "Österreich" kaufte Infos als "Bild".

Fotos: Corn, Hendrich Montage: Beigelbeck

Die Story über angebliche Wien-Aufenthalte des als Kriegsverbrecher gesuchten Serben Radovan Karadžić brachte den Boulevard auf Touren. Krone und Österreich winkten Informanten mit Scheinen. Verträge darüber wurden dem Monatsmagazin "Datum" zugespielt, das in seiner neuen Ausgabe darüber berichtet.

Am 25. Juli 2008 gaben Krone-Redakteure J. schriftlich "zum Thema 'Balkanschlächter narrte Wiener Polizei'": "Für die Informationen und das Exklusiv-Interview überweisen wir nächste Woche den vereinbarten Betrag."

Die Story erschien am 26. Juli in der Krone, da klingelte bei Familie J. das Telefon. "Den Namen habe ich nicht verstanden. Er hat gesagt, er ist von der Bild-Zeitung. Erst nach einigen Telefonaten gab er mir eine österreichische Handynummer. Er wollte uns die Rechte für die Geschichte abkaufen." So zitiert "Datum" J. Er habe auf den "Krone"-Deal verwiesen. Schließlich habe man sich auf 15.000 Euro für Fotos und Interview geeinigt.

J. unterschrieb einen Vertrag mit "Bild am Sonntag" "Redaktion Österreich", der ihm noch am 26. Juli 5000 Euro in bar brachte und für 28. Juli 10.000 versprach.

"So lebte eine Wienerin mit Radovan Karadžić"

Im Interview mit dem vermeintliche "Bild"-Mann rief laut J. aus Serbien ein Peter Glumac bei J. an, der angab, er sei tatsächlich in Wien gewesen und nicht Karadžić, für den er gehalten wurde. Der Redakteur habe das mitbekommen, nach einem kurzen Telefonat aber das Interview fortgesetzt, sagt J.

Am 27. Juli erschien die Story "So lebte eine Wienerin mit Radovan Karadžić" über Seiten in - Österreich, was J. doch wunderte.

Am 28. Juli wählte J. jene Mobilnummer, die er von dem Anrufer von "Bild" bekommen hatte. Abgehoben habe Wolfgang Fellner, berichtet J. "Datum". Weil Fellner nun, wenn überhaupt, nur noch 5000 bot, wandte sich J. an "Bild am Sonntag". Eine stellvertretende Chefredakteurin dort faxte daraufhin Fellner: "Wie Sie wissen, ist dieser Vertrag nicht von Bild am Sonntag." Man habe am 26. Juli nur vereinbart, dass sich das deutsche Blatt mit 5000 Euro für die Story beteilige. Ginge Familie J. mit dem Vertrag "hausieren", "würden wir bestätigen müssen, dass es sich um eine Fälschung handelt".

Ein "Missverständnis", schreibt Fellner, eine "provisorische" Vereinbarung. J. habe auf eine Bestätigung von "Bild am Sonntag" bestanden. Tat er das, dann womöglich wegen seines Vertrags über ein "Exklusiv-Interview" mit der "Krone".

Fellner weiter: Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub habe er für die Mediengruppe Österreich einen neuen Vertrag mit J. abgeschlossen, der den ersten Vertrag außer Kraft gesetzt habe. (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 28.8.2008)

 

 

Verständnisfragen? Vielleicht hilft das:

Ich kann zwar die Verständnisprobleme (siehe Postings) nicht nachvollziehen, aber ich habe den Text ja auch geschrieben. Wenn's hilft, hier noch eine vereinfachte Darstellung des Sachverhalts nach meinem Stand, besten Gruß, Harald Fidler:

Message 1: Es ist dokumentiert, dass „Krone" und „Österreich" für Informationen zahlen. Auch wenn das so manchem User und Userin normal vorkommt, ich kann mich der Einschätzung nicht anschließen.

2: Der Informant in dieser Causa (angeblicher Karadzic-Aufenthalt in Wien) hatte schon der „Krone" ein Exklusivinterview zugesichert. Also trat „Österreich" als „Bild am Sonntag" auf. Der Informant sagt, er ging davon aus, mit „Bild" zu verhandeln. Wolfgang Fellner sagt, der Informant habe darauf bestanden, einen Vertrag mit „Bild" abzuschließen. Dennoch erschien am nächsten Tag die Story in „Österreich".

3: „Bild am Sonntag" beziehungsweise der Springer-Verlag weisen den von „Österreich" in ihrem Namen geschlossenen Vertrag zurück. Die deutsche Zeitung habe lediglich zugesichert, die Story mit Bildern „Österreich" für 5000 Euro abzukaufen

4: „Österreich"-Boss Wolfgang Fellner sagt, er war in der Zeit auf Urlaub, die Sache mit „Bild" sei ein „Missverständnis" gewesen, er habe nach seiner Rückkehr einen neuen Vertrag als „Österreich" mit dem Informanten abgeschlossen.

5: Offenbar hat während des „Österreich"-Interviews mit dem Informanten jener Peter Glumac bei dem Informanten angerufen, der bei dem Informanten in Wien gewohnt hatte, und den der Informant später für Karadzic gehalten hatte. Die Story erschien als Karadzic-Story ohne große Zweifel.