Als im Jänner 2007 die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP bekannt wurden dauerte es keine Stunde, bis sich tausende Studierende auf der Straße befanden und bis zum Tag der Regierungsangelobung dort blieben, um ihren Unmut über die Nicht-Abschaffung der Studiengebühren kundzutun. Von diesem Zeitpunkt an verschwand dieses Thema nicht mehr aus dem öffentlichen Blickfeld. Es wurde zum Symbol der Krise in der Sozialdemokratie, der glücklosen Amtszeit von Bundeskanzler Gusenbauer und des neu entflammten Protestes der Studierenden für ein gerechtes Bildungssystem. Die Studiengebühren wurden so sehr zur Symbolfrage stilisiert, dass in der öffentlichen Auseinandersetzung vergessen wurde, wie schwerwiegend ihre Ausirkungen auf die Universitäten tatsächlich waren.

Um eines vorwegzuschicken: Studiengebühren wirken definitiv nicht "sozial treffsicher". Es stimmt, dass Bezieher/innen von Studienbeihilfe zumindest einen Teil der Gebühren rückerstattet bekommen. Es braucht jedoch nur ein Wartejahr im Medizinstudium, eine verpasste Prüfung, ein beschränktes Platzkontingent in Lehrveranstaltungen, oder ganz einfach Eltern, die sich weigern, Unterhalt zu leisten, und schon fällt jede Unterstützung weg. Zusätzlich noch 363 Euro im Semester auftreiben zu müssen zwingt viele Studierende ihr Studium abzubrechen, was nicht nur für die Betroffenen katastrophal ist. Wie jede Art von Zugangsbeschränkungen treffen Studiengebühren vor allem Menschen aus bildungsfernen Schichten. Dabei hat gerade die Bildung den Auftrag, soziale Ungleichheiten zu überwinden und Mittel zu sein um aus der Gesellschaftsschicht auszubrechen, in die man hineingeboren wurde.

Die Einführung der Studiengebühren hat darüber hinaus zu einer Neubesetzung des Bildungsbegriffes geführt. Studierende verstehen sich seither immer weniger als Teil der Universitäten, sondern als Konsumenten, die sich jedes Semester einen Happen Ausbildung kaufen und so schnell wie möglich die Uni wieder verlassen, was dem Gedanken einer demokratischen Hochschule fundamental widerspricht.

Seit mittlerweile sieben Jahrenkämpfen Studentenvertreter/innen für die Abschaffung der Gebühren. Wenn die SPÖ sich nun tatsächlich aus der Umklammerung der ÖVP löst und das gerade existierende Zeitfenster einer parlamentarischen Mehrheit gegen Studiengebühren nutzt, ist das gut und richtig. Im Sinne eines Bildungssystems, das seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden soll, darf hier allerdings nicht halt gemacht werden. Unermüdlich müssen das Projekte Gesamtschule und das verpflichtende Vorschuljahr vorangetrieben, Zugangsbeschränkungen an den Unis abgeschafft und neue verhindert werden. Denn eine fortschrittliche Gesellschaft kann nur mit einem emanzipatorischen und sozial gerechten Bildungswesen existieren.(Maria Maltschnig/DER STANDARD Printausgabe, 27. August 2008)