Draufhüpfen, losfahren - die Sightseeing-Busse in der Wiener Innenstadt.

Foto: derStandard.at/Beganovic

"Vienna Sightseeing"-Mitarbeiter Richard erklärt einer Touristin die Tourstrecke.

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Das Innenleben des Busses - ein offenes Dach bietet besseren Ausblick.

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Blick nach rechts, Blick nach links - die Audiokommentar-Stimme erklärt die einzelnen Sehenswürdigkeiten. Treuer Begleiter auf so einer Tour: der Fotoapparat.

 

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Der eingesessene Wiener kennt die schönen Wahrzeichen seiner Heimatstadt: Die Staatsoper, den Stephansdom, das Rathaus, ... Man weiß, wie die historischen Gebäude aussehen, geht vielleicht täglich daran vorbei. Aber kennt man sich wirklich aus? Oder weiß der lächelnde japanische Tourist schon mehr über die Geschichte der Wiener Prunkbauten als man selbst? Eine Sightseeing-Tour kann helfen, Wien mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Denn wer sagt, dass nur Touristen davon profitieren sollen?

Per Bus durch die Innenstadt...


Mit einer Rundfahrt auf einem Hop On Hop Off - Bus zum Beispiel kriegt man innerhalb einer Stunde alle wichtigen Sehenswürdigkeiten der Innenstadt bequem zu sehen. Praktisch bei diesen Bussen ist, dass man jederzeit aus- und einsteigen kann. Will man etwa bei der Hofburg oder beim Parlament etwas länger Fotos machen, hüpft man einfach aus dem Bus und nimmt später den nächsten. Die quietschgelben Busse von "Vienna Sightseeing" beispielsweise stehen für solche Touren gut sichtbar bei der Staatsoper bereit. Die gelb gekleideten Mitarbeiter sprechen Passanten auf Englisch oder Spanisch an, fragen, ob sie nicht eine Tour machen wollen - und innerhalb kurzer Zeit ist der Bus voll. "Im Sommer ist immer viel los. Dafür haben wir im Winter oft fast leere Busse", erklärt Bus-Guide Petra.

Am Lobkowitzplatz bei der Albertina gibt es ein weiteres Busunternehmen, "Red Bus City Tours". Ob man sich nun in den gelben oder roten Bus setzt, macht eigentlich keinen Unterschied, denn Preise und Route sind gleich. Als Wiener fühlt man sich unter all den Touristen vielleicht ein wenig fehl am Platz, aber sobald sich der Bus in Bewegung setzt, vergisst man das schnell und fühlt sich fast wie einer von ihnen.

...mit Radetzky-Marsch im Ohr


Von der Staatsoper aus beginnt der "Vienna Sightseeing"-Bus seine Tour durch den 1. Bezirk. Die Mitreisenden haben alle Kopfhörer auf, der Fotoapparat liegt griffbereit auf dem Schoß. Eine freundliche Frauenstimme erklärt während der Fahrt die einzelnen Stationen. Man kann sich den Audiokommentar auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Japanisch und Polnisch anhören. "Zu Ihrer Rechten sehen Sie ... Und zur Ihrer Linken haben wir ..." Folgsam wandern die Köpfe der Buspassagiere synchron nach rechts und nach links. Viele "Oh!"s und "Ah!"s ertönen bei den einzelnen Gebäuden. Guide Petra geht währenddessen geschäftig im Bus auf und ab, stempelt Tickets ab und beantwortet Fragen der Mitreisenden. Die Nicht-Wiener scheinen von der Bus-Tour begeistert. "So bekommt man bequem alles zu sehen. Zu Fuß durch die Stadt zu gehen wäre uns zu anstrengend gewesen", erklärt Conzuela, eine spanische Touristin. Auch Peter aus Manchester hat sich deswegen für eine Fahrt mit dem Stockbus entschieden. "Das ist am schnellsten und praktischsten", findet er.

Manchmal ist die Kopfhörer-Stimme mit Musik untermalt. Beim Deutschmeister- und Radetzky-Marsch summen und stampfen die Busreisenden fröhlich mit. Als Wiener lässt man sich vielleicht nicht mehr allzu leicht vom Gute-Laune-Flair der Musik anstecken - man muss ja nicht überall mitmachen. Dafür kann man sich entspannt zurücklehnen und sich von Fräulein Audiokommentar seine Lücken in Geschichte füllen lassen. "Beethovens 8. Symphonie wurde in der Hofburg uraufgeführt ... Die Universität Wien ist 1880 erbaut worden und ist die älteste Universität im deutschsprachigen Raum." So, so.

Das "erweiterte Wohnzimmer" der Wiener


Eine Sightseeing-Tour durch Wien ohne Hinweis auf die Wiener Kaffeehauskultur wäre unvollständig. Denn das Kaffeehaus ist des Wieners "erweitertes Wohnzimmer", wo er Zeitung lesen, Schach spielen und plaudern kann, wie man durch die Kopfhörer erfährt. Möglich, dass die Bus-Touristen den Eindruck bekommen, als würde jeder Wiener mindestens zwei Stunden täglich bei einer Melange im Kaffeehaus sitzen. Würden wir vielleicht sogar, wenn wir die Zeit hätten. Denn wenn man sich die Hektik auf der Kärntnerstraße ansieht, spürt man nicht viel von dieser Wiener Gemütlichkeit.

Der gelbe Bus schlängelt sich durch die enge Schulerstraße Richtung Stephansdom. Die letzte Station, bevor es zurück zur Staatsoper geht. "Hier fand 1782 die Hochzeit von Wolfgang Amadeus Mozart und seiner Constanze statt. Sowohl das Brautpaar als auch der Pfarrer haben während der Zeremonie geweint. Aber die Wiener waren schon immer sehr gefühlsbetont", meint Fräulein Audiokommentar abschließend. Auch nicht schlecht, die eigene Mentalität mal erklärt zu bekommen.
Die einstündige Fahrt hat sich ausgezahlt, sowohl für den Touristen als auch den neugierigen Wiener. Denn eine große Portion Hintergrundwissen inklusive schöner Ausblicke hat man auf jeden Fall bekommen. (Amina Beganovic, derStandard.at, 27.8.2008)