Wien - "Voreingenommen" und "beispiellos" hat nach Ansicht des Universitätsrates der Medizinischen Universität Innsbruck die Fachzeitschrift "Nature" den Fall möglichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens an der Medizin-Uni kommentiert. Es sei nicht nur die betroffene Einrichtung kritisiert, sondern eine "ganze Nation in Geiselhaft genommen worden", ohne zu versuchen, die Anschuldigungen zu überprüfen.

"Wahrscheinlich stimmt etwas mit der Fachzeitschrift Nature nicht" ("Probably there is something wrong in the journal Nature"), heißt es in einer am Dienstag veröffentlichen Gegendarstellung in Anspielung auf einen Satz aus dem "Nature-Kommentar" ("Es scheint, etwas ist faul im Staat Österreich").

"Skandalöses Verhalten"

"Nature" hatte vergangene Woche in einem Editorial "skandalöses Verhalten" rund um eine Harninkontinenzstudie an der Urologie der Medizin-Uni Innsbruck in Verbindung mit der damals anstehenden, mittlerweile erfolgten Abberufung von Rektor Clemens Sorg gebracht und zu einem Rundumschlag gegen das österreichische Wissenschaftssystem ausgeholt.

Für die Vorsitzende des Innsbrucker Med-Uni-Rats, Gabriele Fischer, ist es "eine klare Tatsache", dass die Abberufung des Rektors nicht mit dem "offensichtlichen wissenschaftlichen Fehlverhalten, das es jüngst an der Institution gegeben hat", zu tun hat. Sorg sei nach einer "sorgfältigen" Untersuchung von unabhängiger Seite u.a. aufgrund seiner mangelhaften Führungsqualitäten entlassen worden, heißt es in einem von Fischer unterzeichneten Brief an "Nature".

Im Zusammenhang mit dem Fall möglichen Fehlverhaltens der Forscher habe "die Untersuchung von Anfang an an erster Stelle der Agenda des Universitätsrats" gestanden. Mit dem Verweis auf die Gesundheitsagentur AGES ist für den Uni-Rat unklar, warum "Nature" meine, es gebe in Österreich keine offizielle Einrichtung zur Untersuchung dieser Fälle. Die AGES prüfe alle klinischen Studien in Österreich. Nach Vorliegen des endgültigen AGES-Berichts habe der Uni-Rat darauf bestanden, die Informationen an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

Der vorliegende Fall sei "eine besonders hässliche Art von wissenschaftlichem Fehlverhalten". Es gebe eine laufende Untersuchung, die neben "disziplinarrechtlichen Konsequenzen" auch ernsthafte rechtliche Folgen habe.

"Kollateralschaden"

Die von der Fachzeitschrift erhobenen "voreingenommenen Beschuldigungen" seien offensichtlich auf eine oder mehrere Personen zurückzuführen, "die zusammen mit dem abberufenen Rektor versucht haben, auch in seinem Heimatland Deutschland mit falschen Informationen und Anschuldigungen so viel 'Kollateralschaden' wie möglich zu produzieren ", so der Uni-Rat. "Nature" sei als Instrument missbraucht worden und habe "willentliche seine Rolle gespielt".

Für den Uni-Rat stellt sich die Frage, wie es möglich ist, "dass eine internationale wissenschaftliche Zeitschrift mit einem Ruf, der auf wissenschaftlicher Objektivität basiert, eine Person oder eine wissenschaftliche Einrichtung auf Grundlage von völlig unüberprüften Beschuldigungen beurteilen kann". Im Zuge der voreingenommenen Kritik der Fachzeitschrift sei zu fragen, "wer uns von solchen 'objektiven' wissenschaftlichen Journalen" beschütze, so Fischer. (APA)