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Während Bildungsbürger mehr und mehr Zeit und Geld in die eigene Gesundheit investieren bleibt diese Entwicklung in den unteren Bildungsschichten nach wie vor schleppend.

Foto: APA/Barbara Gindl

"Vorsorgeuntersuchungen dienen vor allem der Früherkennung und frühzeitigen Behandlung der ganz großen Killer", erklärt Horst Noack, emeritierter Leiter des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Medizinischen Universität in Graz. Seit 1974 gibt es in Österreich das kostenlose Gesundheitsservice der Vorsorgeuntersuchung.

Zusätzliche Früherkennungsprogramme

Im Oktober 2005 wurde das präventive Angebot noch erweitert. Die Vorsorge NEU integrierte zusätzlich Früherkennungsprogramme für Darmkrebs, Parodontalerkrankungen, Glaukomen, Hautkrebs und altersbedingten Seh- und Hörschwächen. Individuelle Beratung und ein gezieltes Einladungssystem sollten zudem zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung führen.

Rekordzuwachs von 10 Prozent

"Leider erreichen wir das große Bevölkerungssegment der unteren Bildungsschicht mit diesem Vorsorgemodell nur begrenzt", betont Noack und erinnert daran, dass gerade in dieser Gruppe Lifestyle als Risikofaktor eine erhebliche Rolle spielt. Dass das Bewusstsein für gesunde Lebensführung stetig steigt, stellt er dabei nicht außer Frage und die österreichweiten Zahlen sind durchaus repräsentativ: Allein die Wiener Gebietskrankenkasse hatte zwischen 2005 und 2006 einen Rekordzuwachs bei in Anspruch genommener Vorsorgeuntersuchungen von fast 10 Prozent zu verzeichnen.

Wenig Akzeptanz in unteren Bildungsschichten

Zusatzangebote, die auch der Vorsorge dienen und die Patienten aus eigener Tasche finanzieren, finden mittlerweile ebenfalls regen Absatz. Der Trend scheint also gut und ist dennoch trügerisch, denn er passiert wie schon das Verteilungsmuster chronischer Erkrankungen beweist, absolut nicht symmetrisch. Während Bildungsbürger mehr und mehr Zeit und Geld in die eigene Gesundheit investieren, ist diese Entwicklung in unteren Bildungsschichten nach wie vor schleppend.

"Genaue Daten darüber, welche Bevölkerungsgruppen in Österreich tatsächlich Vorsorge in Anspruch nehmen gibt es nicht", ergänzt der Epidemiologe und Gesundheitsforscher und ist überzeugt davon, dass in Gesundheitsfragen der Blick auf breite Bevölkerungsgruppen zu richten ist. Was das konkret heißt, machen uns Schweden und Finnland schon länger und mit großem Erfolg vor. Primärprävention hat dort als langfristige Strategie der Gesundheitsförderung Einzug gehalten.

Modell der Primärprävention

Die Primärprävention zielt darauf ab, eine gesunde und risikoarme Lebensführung nachhaltig in der Gesamtbevölkerung zu verankern. Ein politischer Sinneswandel auf breiter Ebene, der Vorsorgeuntersuchungen als Alternative anbietet.

Regionale Konzepte auf Länderebene gibt es immer wieder. Eines davon war das Projekt: "Nach Herzenslust - Favoritener Frauen leben gesund". Mit wöchentlichen Lauftreffs und Kochworkshops bemühte sich die Stadt Wien in Kooperation mit der WGKK und dem Fonds Soziales Wien von 2005 bis 2007 mehr Gesundheitsbewusstsein unter den Favoritener Frauen zu schaffen. Die Rechnung ging auf. Das Interesse der Frauen war groß, die Teilnahme an den angebotenen Kursprogrammen erwartungsgemäß hoch.

Fazit: Vorsorgeuntersuchung ist nur Momentaufnahme

Mehr und größer angelegte Projekte dieser Art stehen ganz oben auf Noacks Wunschliste.
Den Wert der Vorsorgeuntersuchung will er bei aller Skepsis grundsätzlich nicht mindern: "Natürlich macht sie Sinn. Sie ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Entscheidend ist was passiert hinterher". Mit Darmspiegelungen findet sich Darmkrebs zwar früher, ob das Problem Darmkrebs damit gelöst wird, stellt der Gesundheitsexperte aber in Frage. (phr)