Elke Schüttelkopf ist Spezialistin für produktive Fehlerkultur.

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Fehler muss man vermeiden! Das ist Common Sense. Darum lautet die rhetorische Frage stets: "Sie wollen doch nicht etwa, dass Ihr Chirurg einen Fehler macht?" Doch Fehler ist nicht gleich Fehler! Nicht immer geht es gleich um Leib und Leben. Solange wir alle Fehler über einen Kamm scheren, liegt es im Argen mit unserer Fehlerkompetenz. Der erste Schritt zur Fehlerkompetenz besteht demnach darin, Fehler differenziert wahrzunehmen.

Gefährliche und belanglose Fehler: Nicht jeder Fehler birgt ein hohes Schadensrisiko. Ein falscher Schnitt im OP-Saal ist ebenso gefährlich wie eine falsche Management-Entscheidung, ein Fehler in den Anatomie-Übungen hat jedoch wie das Scheitern eines Pilotprojekts nur geringe negative Folgen. Ein klarer Blick für negative Konsequenzen hilft gravierende Schäden abzuwenden und hohe Folgekosten zu vermeiden.

Fehlerkompetenz heißt negative Fehlerfolgen erkennen. In Risikosituationen hohes Verantwortungsbewusstsein zeigen, gefährliche Fehler effektiv beheben bzw. vermeiden, jedoch Gelassenheit und Fehlertoleranz in risikoarmen Situationen wahren.

Teure und billige Fehler: Nicht jeder Fehler ist gleich kostenintensiv. Eine unsachgemäß durchgeführte Computertomografie kostet viel Geld, ein verwackeltes Digitalbild wenig. Die Fehlerbehebung kann ebenso wie die Fehlervermeidung geringe bzw. hohe Kosten verursachen. Das Bewusstsein über die direkten und indirekten Kosten von Fehlern sowie die Kosten der Fehlervermeidung ermöglicht die richtigen Entscheidungen.

Fehlerkompetenz heißt die Kosten abschätzen. Bei hohen Fehlerkosten Maßnahmen zur Fehlervermeidung setzen, jedoch bei niedrigen Fehlerkosten (und hohen Fehlervermeidungskosten) Fehler akzeptieren. (Elke Schüttelkopf/DER STANDARD, Printausgabe, 23./24.8.2008)