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Bei betroffenen Kindern sind die Mikrovilli (Bürstensaum) entweder schon bei der Geburt nicht vorhanden oder gehen verloren", so die Erklärung des Genetikers.

Grafik: APA/M. Schmitt

Innsbruck - "Die Kinder haben von Geburt an unstillbaren Durchfall - ohne das Vorliegen einer Infektion oder Nahrungsmittelunverträglichkeit. Sie müssen meist lebenslang intravenös ernährt oder Darm transplantiert werden", sagte Andreas Janecke von der Abteilung für Klinische Genetik der MedUni-Innsbruck.

Epithelzellen des Darms

"Die Krankheit betrifft die Epithelzellen des Darms, also jene Zellen, welche den Darm begrenzen. Sie haben normalerweise sogenannte fingerförmige Ausstülpungen, Mikrovilli (Bürstensaum), an ihrer Oberfläche. Das sind Ausstülpungen, welche die Oberfläche zur Resorption von Nahrungsbestandteilen vergrößern. Bei den Kindern mit der Krankheit sind sie entweder schon bei der Geburt nicht vorhanden oder gehen verloren", so die Erklärung des Genetikers.

Austrocknung und Stoffwechselentgleisung

Laut den Wissenschaftern liegt das an verschiedenen Mutationen in dem Gen, das für das 1.850 Aminosäuren große Protein MYO5B kodiert. Der Innsbrucker Wissenschafter: "Die Betroffenen können dieses Eiweiß nicht bilden." Die Folge davon ist das Fehlen der Mikrovilli, was der Organismus über den Verdauungstrakt an Flüssigkeit und Nährstoffen aufnehmen soll, passiert ganz schnell den Darm. Das führt zur Austrocknung und zur Stoffwechselentgleisung, wenn keine intravenöse Ernährung erfolgt.

"Stammzellen des Darms noch schlecht definiert"

 "Jetzt könnte ein genetischer Test die Diagnose einfacher machen. Man könnte betroffene Familien beraten bzw. sogar eine Pränataldiagnostik durchführen. Theoretisch denkbar wäre natürlich auch, dass man eine normale Kopie des Gens in Darm-Stammzellen einbringt (Gentherapie, Anm.) Aber die Stammzellen des Darms sind derzeit noch schlecht definiert." Das ist also Zukunftsmusik.

Europäischer Forschererfolg

Ein Innsbrucker Wissenschafterteam der Medizinischen Universität Innsbruck (Pädiatrie II, Histologie und Embryologie, Klinische Genetik, Zellbiologie) hat federführend, zusammen mit britischen, deutschen, französischen und niederländischen Co-Autoren über die Untersuchung der Erbanlagen von betroffenen Familien die Ursache von MVID gefunden. Die Ergebnisse wurden am Sonntag von der Fachzeitschrift "Nature Genetics" online veröffentlicht.

Autosomal-rezessive Vererbung

Die Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass für den Ausbruch der Erkrankung das Zusammentreffen von je einem mutierten Gen von Mutter und Vater notwendig ist. Träger von nur einer mutierten Genkopie erkranken nicht. (APA)