Die Absetzung des Innsbrucker Med-Uni-Rektors Clemens Sorg ist im Zusammenhang mit einer umstrittenen Urologie-Studie kein isolierter Schadensfall. Alle drei Medizin-Unis haben mehr oder weniger große Probleme. Vor ihrer Ausgliederung hatten sie die als Fakultäten nicht. Weshalb eindeutig festgestellt werden muss: Diese von der schwarz-blauen Regierung beschlossene Strukturreform ist gescheitert.

Indessen wächst auch die Unzufriedenheit mit der Umsetzung des Universitätsgesetzes (UG) von 2002 in anderen Bereichen. Daraus zog das Wissenschaftsministerium Konsequenzen und entwarf eine „Reform der Reform". Ihr Inhalt aber stärkt nicht die Autonomie, sondern verstärkt die Fremdbestimmung.

Ressortchef „Gio" Hahn ist zwar ein liberaler Mann, ein liberaler Minister ist er nicht. Aus den Konflikten um die Rektoren-Bestellungen durch die Universitätsräte (Frauen-Verhinderung und Forcierung des angeblich deutschen Organisationstalents) hat er nicht den Schluss gezogen, etwa den Einfluss der Uni-Räte gegenüber dem Senat auf ein aufschiebendes Vetorecht zu reduzieren. Hahn traut den Unis nicht über den Weg.

Also entmachtet er die Senate. 1. Durch eine Repolitisierung. Indem der Minister (und nicht wie bisher die Regierung) die Hälfte der Uni-Räte bestellt. Indem für Expolitiker die VierJahres-Klausel fällt, wird der Parteieneinfluss verstärkt.

2. Durch noch mehr Bürokratie. Kandidaten für das Rektorat sollen über eine Findungskommission eruiert werden. Stimmverhältnis: 2 - Uni-Rat, 1 - Senat. Alles klar?
Verlassen wird damit der Weg, an den Universitäten eine ihrer Identität entsprechende Unternehmenskultur zu entwickeln. Vor allem die ÖVP betrachtet die Unis halt nicht anders als die ÖBB und die AUA: Auch dort sind politisch ausgewählte Vorstände stets vom Finanz- und vom Verkehrsminister dirigiert worden.

Die Konzernverwaltung führt ihre Betriebe am Zügel. Dies sei ein Trend zur Entkoppelung von Leitung und Beschäftigten, kritisiert beispielsweise Wolfgang Weigel vom Department Wirtschaft der Universität Wien, Pressereferent des Universitätslehrerinnenverbands (ULV). Sogar die Rechtsanwaltskammer findet eine klare Sprache. Sie sieht eine „drohende Bürokratisierung". Die Rechtsanwälte kritisieren auch die Installierung eines „Studierendenanwalts" als Modeerscheinung. Da diese Aufgabe der Hochschülerschaft aufgetragen ist, kann die neue Stelle nur als weiterer Versuch einer Entmachtung der ÖH interpretiert werden.

Tatsächlich redet Johannes Hahn (mit Duldung der SPÖ) immer noch von einem Erfolg der Uni-Reform. Theoretisch gab es richtige Schritte. Praktisch jedoch ist die Reform missglückt. Beispiele: Die Krise der Medizin-Unis und deren anfangs geleugnete Zusatzkosten. Die Führungsprobleme des zum Paradeprojekt der Industrie stilisierten Exzellenz-Instituts in Gugging. Die Abwanderung vieler Jungwissenschafter. Die unverändert schlechten Platzierungen in internationalen Uni-Rankings.

Es geht uns wie im Fußball: Wir schießen zwar Tore, mindestens die Hälfte davon aber ins eigene Netz. (Gerfried Sperl, DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2008)