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Foto: APA/dpa/Steffen

Die rot-schwarze Rest-Einigkeit könnte einer schweren Prüfung unterzogen werden, wenn die ÖVP Faymann einen Lügner nennt und die SPÖ den Koalitionspakt bricht.

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In allen Umfragen, die veröffentlicht wurden, liegt die ÖVP vor der SPÖ, auch wenn der Abstand zuletzt knapper wurde. In den internen Hochrechnungen, die in beiden Parteien nach unterschiedlichsten Methoden angestellt werden, schaut das Bild aber anders aus: Aus jetziger Sicht ist das Rennen äußerst knapp, die beiden Parteien liegen in etwa gleichauf und bis zum Wahltag weitergerechnet, könnte sich für die SPÖ ein Sieg ausgehen. Aus jetziger Sicht.

Das Problem bei der ÖVP: der Spitzenkandidat. Sowohl der eigene, als auch der der SPÖ. Werner Faymann hat die weitaus besseren Werte als Wilhelm Molterer. Auch wenn der ÖVP-Chef in den so genannten harten Werten wie Kompetenz, Erfahrung und Führungskraft voran liegt, wiegen die guten Sympathiewerte, die Faymann hat, viel schwerer. Letztendlich sind es die Sympathiewerte, die in der Kanzlerfrage entscheidend sind und die das Rennen zugunsten der SPÖ entscheiden könnten.

Die ÖVP bastelt daher eifrig an einer Strategie, die darauf abzielt, SPÖ-Chef Faymann direkt anzugreifen und sein Image zu beschädigen. Gelingen soll das mit einer Kampagne, in der Faymann frontal ins Fadenkreuz genommen wird. Er soll als Lügner dargestellt werden. Das argumentative Unterfutter liefern jene Medienkooperationen und Werbeeinschaltungen, die die ÖBB bezahlt hatten, in denen aber auch Faymann beworben wurde. Staatssekretär Reinhold Lopatka hat bereits einen ersten Vorgeschmack geliefert: In Aussendungen hat er Faymann der Lüge geziehen. Das soll nun ausgebaut werden. Dem Vernehmen nach überlegt die ÖVP, den Vorwürf der Lüge breiter zu spielen. Auch an Plakate ist gedacht, auf denen Faymann als Lügner dargestellt wird. Das wäre eine neue Qualität in diesem Wahlkampf. Aber für die ÖVP ist es offensichtlich so eng, dass sie auch bereit ist, zu wirklich harten Bandagen zu greifen und eine offensive Negativ-Kampagne zu führen.

Die SPÖ beobachtet diese Entwicklung mit Sorge, hat aber noch keine Maßnahme dagegen zur Hand. Aus roter Sicht wäre zu hoffen, dass eine solche Negativkampagne nicht greift, auf die ÖVP zurückfällt und Faymann so eine Art Märtyrer-Status verschafft.
Die SPÖ ist aber ebenfalls nicht untätig, für das Finale des Wahlkampfes wird an einer Überraschung gearbeitet, die allerdings noch nicht ganz ausgegoren ist. Nur so viel dazu: Dass sich die SPÖ bis zur Wahl tatsächlich an den Koalitionspakt hält, wie Faymann zuletzt immer beteuert hat, ist nicht in Stein gemeißelt. Hier könnte der ÖVP noch eine ganz üble Überraschung drohen. Das würde wirklich eine enorme Dynamik in den Wahlkampf bringen, der auch die anderen Parteien wieder stärker ins Spiel bringt. Um die ÖVP zu überstimmen, braucht es nämlich andere Mehrheiten im Parlament. Da wären Grüne und FPÖ gefragt. Und die geeigneten Themen, die in der SPÖ bereits heftig diskutiert werden. Es wird also doch noch spannend. (Michael Völker, derStandard.at, 24.8.2008)