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Wien - "Diese Zahlen lügen nicht." Peter Pilz, der Sicherheitssprecher der Grünen, hat seine Liebe zur Statistik entdeckt. Zumindest zu jener Statistik, die den Titel "Kriminalitätsvergleich" trägt und eigentlich nur für den inneren Zirkel um Innenministerin Maria Fekter (VP) bestimmt sein sollte. In dem mit 6. Juni 2008 datierten Langzeitvergleich mit Deutschland und mit der Schweiz schneidet Österreich in ausgerechnet jenen Deliktgruppen, die eine "gefühlte" Bedrohung in der Bevölkerung ausmachen, miserabel ab.

Und, wie Pilz vermutet, deshalb nie veröffentlicht wurde, "um das Versagen der VP-Minister seit 2000 zu verheimlichen." Zufall oder nicht, die Bruchstelle in der Raub- und Diebstahlstatistik (siehe Grafik) liegt jedenfalls im Jahr 2000, als das Innenministerium von roter in schwarze Hand kam und umfangreiche Polizeireformen gestartet wurden. Danach schnellten in Österreich die Anzeigen hinauf, die Aufklärungsrate sackte ab. Der Höhepunkt der Anzeigen ist überschritten, aber die Aufklärungsquoten blieben ohne signifikante Änderung auf tiefem Niveau. Wurde 1996 noch fast jeder dritte Diebstahl geklärt, waren es zehn Jahre später nur mehr 16,4 Prozent.

Anders hingegen in Bayern, das oft zum direkten Vergleich zu Österreich herangezogen wird, aber auch in Gesamtdeutschland und in der Schweiz, wo Diebstähle und Raube seit 1996 kontinuierlich abnahmen und immer mehr Fälle geklärt werden konnten.

Ein Polizeiinsider sagte dem Standard, dass die Vergleichsstatistik bereits im Vorjahr in Auftrag gegeben und allen Führungsbeamten vorgelegt worden sei. Veröffentlicht seien die Zahlen aber nie worden. Für Peter Pilz ein Indiz dafür, dass "die Öffentlichkeit systematisch beschwindelt" werde. Statt der Kriminalität bekämpfe die ÖVP lieber die Opposition, so Pilz.

Innenministerin Fekter war Freitag in Kärnten unterwegs, bis Redaktionsschluss gab es keine Stellungnahme von ihr. Im Ministerium wurde der Vorwurf, Statistiken zu "schönen", jedenfalls zurückgewiesen. Hohe Aufklärungsquoten in Deutschland seien auch dadurch zu erklären, dass dort oft gleich an Ort und Stelle Geldbußen eingehoben und die Fälle damit als geklärt abgehakt würden. (Michael Möseneder, Michael Simoner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.8.2008)