China Daily. Das ist bekanntlich jene Zeitung, die im Hotel Tibet und in anderen Olympia-Hotels jeden Morgen vor jeder Zimmertüre liegt. Bei in China lebenden Ausländern ist sie sehr beliebt wegen der Info und der Unterhaltung, die sie liefert. China Daily ist nicht superzensuriert, China Daily ist schon vorauseilend supergehorsam. Was da nicht alles super ist in China und bei den Spielen!


China Daily machte am Freitag damit auf, dass sich Kubas Hürdensprintsieger Dayron Robles seinen superchinesischen Gegner Liu Xiang nicht verletzt, sondern am Start gewünscht hätte. Und Basketballer Yao Ming hat tatsächlich gesagt, es sei "eine große Ehre" gewesen, für Superchina zu spielen. Relativ groß auch der Medaillenspiegel mit Superchina ganz oben. Ziemlich klein die Tragödie in Madrid, ganz klein ein Erdbeben mit einem Toten und vielen Verletzten in der Provinz Yunnan. Im Inneren des Blattes: Ein mexikanischer Olympia-Journalist lobt Superchina, ein kroatischer Sportler lobt die Superfreiwilligen der Superspiele, ein Kommentator lobt die Superluft in Peking. Und so weiter und so super und so fort.


Im Österreich-Haus liegen die österreichischen Zeitungen auf, nur zwei, drei Tage sind sie alt. Angeblich muss zuerst alles durch die chinesische Zensur. Die Zeitungen stapeln sich auf einem Tisch. In jeder Zeitung alles da, alles bis auf den Olympiateil. Das wird doch nicht? Nein, nein, draußen auf der Terrasse sitzt bloß einer, der hat sich alle Sportteile rausgenommen, weil ihn sonst nichts interessiert. Bei vielen Menschen erübrigt sich die Zensur von vornherein. Super. (Fritz Neumann, DER STANDARD, Printausgabe, 23./24. Augsut 2008)