Medienpolitik als Oase der Harmonie: Einhellig wie selten sprechen sich alle Parlamentsparteien im Fragebogen des Standard für Medienförderung privater Sender aus. Fragt sich nur: Warum gibt es sie dann nicht schon längst?

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Wien - Wahlkampf? Nicht in allen Medienfragen: Zuletzt wandten sich alle Parlamentsparteien im STANDARD gegen gesetzliche Quoten für heimische Musik im ORF; viele wünschten sich Selbstverpflichtung der Sender.

Nun wollen alle fünf auch private Sender fördern. Aber: Die SPÖ legte sich gegen eine Reform der Medienbehörde quer. Die ÖVP bestand auf die neue Behörde, die verstärkt den ORF, seinen Auftrag und die Gebührenhöhe kontrollieren sollte. Die Medienförderung wurde zum Faustpfand der Schwarzen für die Behörde.

Kulturbezug gefordert

Die EU-Wettbewerbsbehörden müssen solche Förderungen zudem absegnen. Bei ersten Kontakten des Medienministeriums forderten die Brüsseler Beamten mehr Kulturbezug. Die Bedingungen für die Subvention hatte das Ministerium weit gefasst (Lokal- oder Europabezug, Information, Publikumsbeteiligung). Ähnlich jenen des ORF, für die der Gebühren kassiert.

Wrabetz: Mehr von Gebühren


Unterschiede liegen im Detail: Die meisten wollen die Förderung aus den Bundesabgaben auf ORF-Gebühren bestreiten. Die FPÖ fordert Steuern statt Gebühren, die allen Medien zugute kommen.

Die Grünen sind gegen Länderabgaben auf Gebühren. ORF-Chef Alexander Wrabetz fordert im Horizont von der nächsten Regierung, dass Bund und Länder zugunsten des ORF auf ihre Abgaben auf Gebühren verzichten. Die Medienpolitiker klingen nicht danach. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 22.8.2008)

STANDARD: Sind Sie für eine Förderung von öffentlich-rechtlichen Inhalten, Ausbildung und Marktforschung von Privatsendern?

Cap: Von Ministerin Doris Bures wurden bereits umfangreiche Vorbereitungen zu einer Neugestaltung der Förderungsmöglichkeiten geleistet und ich weiß, dass ihre Nachfolgerin Heidrun Silhavy diese Pläne weiter verfolgen wird. Bei der sogenannten "Medienförderung" stellen wir uns im Wesentlichen eine Unterstützung für die Produktion qualitativ-hochwertiger Inhalte aus Österreich vor, die insgesamt zu einer Stärkung des dualen Systems führen soll. Derzeit wird intensiv an der Erarbeitung der entsprechenden Kriterien gearbeitet, die insbesondere auch vor der EU-Kommission beihilfenrechtlich "wasserdicht" sein müssen. Ergänzt soll das Ganze auch durch die angesprochenen Ausbildungsmaßnahmen und Marktforschungen werden, wobei ja gerade im Bereich der Ausbildung auch schon heute von der RTR-GmbH im Rahmen des Kompetenzzentrums Maßnahmen gesetzt werden.

Morak: Ja. Weil aufgrund des späten Einstiegs Österreichs in den privaten elektronischen Markt dieser die daraus resultierenden Nachteile aus sich heraus nicht wettmachen kann, zB in den Bereichen Frequenzmanagement, Werbemarkt, Finanzierung und auch die Schwerkraft der realen Politik.

Schennach: Ja, die regionalen, privaten Sender sollen gestärkt werden. Auch die privaten Sender tragen zu einer Informations- und Programmvielfalt bei., bieten MedienkonsumentInnen eine Wahlmöglichkeit und sind ein weiteres Angebot an Medienarbeitsplätzen. Daher wollen wir eine Medienförderung, die sowohl die privaten, die freien und nichtkommerziellen aber auch Internetmedien umfassen. Die Grünen waren die ersten, die dies seit Jahren vehement einfordern. Medienförderung statt Presseförderung - eine Medienförderung, die sowohl print, elektronische Medien und neue Medien umfasst.


Mit solchen Investitionen (sprich Förderungen )erhöht sich nicht nur das Anspruchsniveau sondern garantiert auch eine Medienvielfalt, die immer das Ziel von Medienpolitik sein sollte. Wir sind auch massiv für eine Förderung der Ausbildung eingetreten.

Die regionalen Märkte sind zu klein - gerade in Österreich - um dies nur privatwirtschaftlich zu finanzieren. Auch in der Deutschland gibt es von Bundesland zu Bundesland eine solche Regionalförderung von Medien. Das hat sich bewährt und ist gerade für Österreich unverzichtbar. Wir wollen keine Radioketten sondern eine Vielzahl kleiner, regionaler, privater Radios - zum Beispiel. Außerdem: wer für Medienvielfalt eintritt, der kann nicht auf einem Auge blind sein und die finanziellen Nöte der Privaten negieren.

Vilimsky: Ja. Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist durch private nicht in vollem Umfang zu bewerkstelligen. Hier hat natürlich der Staat eine ureigene Aufgabe. Ein Fernsehsender kann ebenfalls nur sinnvoll Arbeit leisten, wenn er sich auf Grund von Marktforschungsdaten voll und ganz auf die Interessen der Kunden konzentrieren und einstellen kann, daher ist auch dies ein wichtiger und förderungswürdiger Aspekt, ebenso wie finanzielle Mittel in die Ausbildung zu investieren. Es ist nicht nur von Bedeutung, dass bestimmte Inhalte übermittelt werden, sondern auch wie sie angeboten werden. Eine solide Grundausbildung, sowie weiterführende Seminare im Bereich Medien und Kommunikation müssen als überaus wichtig angesehen werden, da sich das Zielpublikum von Generation zu Generation in Gedankengut und Auffassungsweise maßgeblich unterscheidet.

Westenthaler: Ja. Aus Gründen der Chancengleichheit und in Sinne der Medienpluralität.

---> In welcher Höhe? Woher soll das Geld kommen?

STANDARD: In welcher Höhe? Woher soll das Geld kommen?

Cap: Die Höhe der Förderung ist im Wesentlichen von der Zustimmung des Finanzministers abhängig. Eine immer wieder genannte Zahl sind 20 Millionen Euro jährlich, wobei dieses Geld schon aufgrund der Sachnähe aus den bisher zum Großteil im allgemeinen Budget aufgehenden Rundfunkgebühren nach dem RGG stammen könnte.

Morak: In angemessener Höhe und aus Gebührensplitting.

Schennach: Wir schlagen vor, dass jene Einnahmen aus den ORF-Gebühren, die an den Finanzminister gehen, für die Medienförderung zweckgewidmet werden. Die Medien sind das Salz in der Suppe der Demokratie. Hier wird insgesamt auch noch eine budgetäre Erhöhung zu diskutieren sein. 1. Schritt: Zweckwidmung jener Gelder, die das Finanzministerium einnimmt. Dieses Geld ist - ausgenommen jenes für den Fernsehfilmfonds - gänzlich der Medienförderung zur Verfügung zu stellen. Über die Länderabgaben, die 7 von 9 Bundesländer auf die ORF-Gebühren draufschlagen, muss gesondert diskutiert werden - aber dieses System der föderalen Geldbeschaffung gehört hinterfragt.

Vilimsky: Es ist nicht einzusehen, warum der ORF als einziger Sender Zwangsgebühren eintreiben darf und damit zum großen Wasserkopf der österreichischen Medienlandschaft wird. Gerecht wäre es, und das ist der Vorschlag der FPÖ, jene Zwangsgebühren, die direkt an den ORF ergehen, abzuschaffen und dafür eine generelle Medienförderung einzuführen, welche über die Steuerseite finanziert und aufkommensneutral sein soll. Diese soll dann nicht mehr nur dem ORF zu Gute kommen, sondern unter allen österreichischen Medien gerecht aufgeteilt werden, also quasi eine Ausweitung der Presseförderung auf den gesamten Medienbereich.

Westenthaler: Die Höhe ist zu verhandeln und zu berechnen. Gespeist aus einer Neuverteilung der GIS-Gelder.

---> Sollen auch private kommerzielle Sender gefördert werden

STANDARD: Sollen auch private kommerzielle Sender gefördert werden oder nur freie Radios und nicht andere, nichtkommerzielle?

Cap: Unsere Überlegungen, in die wir ja auch die gesamte Branche aktiv miteinbezogen haben, gehen von einer Förderung sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Veranstalter aus.

Morak: Für kommerzielle wie nicht-kommerzielle.

Schennach: Wir sind dafür, die freien und nichtkommerziellen Medien sowie offene Kanäle ausreichend zu dotieren. Keine Frage. Hier können Bürger und Bürgerinnen selbst Medien gestalten. Das ist medienpädagogisch enorm wichtig. Aber auch die privaten, regionalen Sender gehören im Bereich ihrer Informationsberichterstattung und der Ausbildung gefördert. Wobei die content-Förderung immer im Forderung stehen sollte.

Vilimsky: Die Förderung von Medien ist im allgemeinen und in Bezug auf die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbes sehr zu begrüßen und auch notwendig. Öffentlich-rechtliche Inhalte sind im Grunde immer förderungswürdig, egal ob diese in kommerziellen Privatsendern oder eben in nicht kommerziellen ausgestrahlt werden.

Westenthaler: Generell gleiche Chancen für alle - aber keine Objekt-, sondern eine Projektförderung = kein Gießkannenprinzip, sondern einzelne Projekte/Sendungen werden gefördert.

---> Sind Sie für Beibehaltung, Ausbau oder Kürzung der Presseförderung?                                                                         

STANDARD: Sind Sie für Beibehaltung, Ausbau oder Kürzung der Presseförderung? Soll sie so breit wie bisher verteilt werden?

Cap: Die Presseförderung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Medienvielfalt in Österreich. Selbstverständlich kann man über die Grundkonzeption an sich diskutieren, darf dabei aber nicht außer Acht lassen, dass der Gleichheitsgrundsatz auch im Bereich der Fördervergabe zu beachten ist. Zumindest überlegenswert scheint mir, bestimmte Förderungen etwa an die Teilnahme an Selbstregulierungsmaßnahmen wie dem - wie ich hoffe - bald wieder in Schwung kommenden Presserat zu knüpfen. Ansonsten ist, wie so oft, vieles eine Frage der budgetären Möglichkeiten.

Morak: Ja, ich spreche mich für eine Beibehaltung in der bisherigen Form aus, da sie sich gemäß der RTR-Evaluierung bewährt hat. Wenn ein Ausbau der Presseförderung angedacht ist, dann im Bereich der Journalistenausbildung. Die Presseförderung nimmt auf die Marktgrößen der einzelnen Titel und Verlagshäuser durchaus Rücksicht, oder will der STANDARD seine Förderung mit der "Krone" tauschen?

Schennach: Die Presseförderung alt gehört in ein Konzept Medienförderung übergeführt.
Wir sind auch im Printbereich dafür, die Förderungen zu erhöhen und spezielle Maßnahmen wie Auslandskorrespondenzen, Lehrredaktionen usw. extra zu unterstützen. Die Medien sind die vierte Säule der Kontrolle im Staat. Es sind schon zu viele Zeitungen in Österreich gestorben und verglichen mit anderen Staaten, müssen wir unsere Zeitungen bewahren wie ein biotop. Daher: Überführung in die Medienförderung und Erhöhung sowie Hilfen beim Vertrieb.

Nicht die Marktführer sollen gefördert werden, sondern jene, die die sich angesichts der Dominanz der Marktführer nur in Teilbereichen behaupten können. Unabhängig wie man nun zu den einzelnen angeführten Zeitungen und Zeitschriften steht: wichtig ist der Erhalt aller. Vorrang in der Medienförderung sollen jedoch Qualitätszeitungen und Zeitschriften haben.

Vilimsky: Die Notwendigkeit von Printmedien steht außer Debatte. Um die Vielfalt verschiedener Zeitungen zu gewährleisten und um diese auch überlebensfähig zu halten, ist die Einrichtung der Presseförderung gut und unerlässlich.

Der Printsektor ist - nicht zuletzt auf Grund des finanziellen Spielraums - höchst umkämpft und gerade der Boulevardbereich ist in Österreich überrepräsentiert. Wünschenswert wäre die Förderung des Qualitätsaspektes am heimischen Printsektor, in anderen Worten: Mehr „Standard" und mehr „Presse". Gerade weil der heimische Lesermarkt kleiner als etwa der deutsche ist und sich Qualität damit schwerer finanzieren lässt, soll der Förderung von Qualitätszeitungen - auch zulasten des Boulevard - der Vorrang gegeben werden.

Westenthaler: Das BZÖ steht für einen Neuanfang der Presseförderung - hin zu einer Berücksichtigung beispielsweise der Gratiszeitungen oder über eine Redaktionsförderung bei Lehrredaktionen. (DER STANDARD; Printausgabe, 22.8.2008)