In diesem Sommer durfte ich Chauffeur spielen. Für die Tochter und deren Freundin. Italien war gerade recht. Um einem Thema treu zu bleiben, entschieden wir uns für Lexus, den mittelgroßen und den ganz Großen, beide jedenfalls mit Hybridantrieb. Zweitens wegen der Umwelt und erstens, weil das auch einen unglaublichen Fahrkomfort bietet.

Foto: Werk

Meine Aufgabe war einfach: Im wesentlichen Klappe halten. Und fahren. Zum Meer, ins Restaurant, zum Shoppen, wieder nach Hause. Wenn man mir den Chauffeur abnehmen würde – perfekt. Den Vater raushängen lassen war dagegen hochgradig uncool. Für die Mädels.

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So bemühte ich mich unbeeindruckt zu schauen und beiläufig am Lenkrad zu drehen, während die Mädels im Fonds gelangweilt durch ihre Sonnenbrillen blickten und über die hohen Temperaturen seufzten. (Wir waren in Italien, nicht in Österreich.)

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Dabei passte ihr Gehabe so gar nicht zu der Musik, die sie sich hineinzogen. Bedauerlicherweise hatten beide Lexus-Modelle einen Anschluss für den iPod. Der von hinten bedient werden konnte. Und so kam auch ich in den Genuss von deutschem Weltverbesserungs-Hiphop aus dem Hause Mono & Nikitaman.

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Ya man, sagte ich zu mir und warf einen Blick auf die Verbrauchsanzeige des GS: Mit sanften Streicheleinheiten am Gaspedal war ich unter neun Litern geblieben. Für eine Limousine mit fast zwei Tonnen Gewicht und einer Systemleistung von 340 PS ist das ein hervorragender Wert.

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Aber es bedarf eines schlanken Fußes. Es geht auch anders: Mit Blöd-Fahren, ordentlich Draufsteigen und der vollen Systemleistung (Hybrid-Power-Knopf) sind gerne auch 20 Liter möglich. Das war freilich ein fast wissenschaftlicher Testversuch – bis mir von hinten eines der Kinder den iPod auf den Schädel schlug.

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„Wenn ihr schlaft, stehn wir auf und wenn ihr schweigt, sind wir laut. Egal, ob Unter- oder Überzahl, wir kommen unerwartet wie ein Überfall“, summte ich mit. Der Wagen glitt lautlos dahin, Benziner und Elektromotor griffen nahtlos ineinander. Keine Drehzahl war zu hören.

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„Wir machen, was wir wollen, Citypartisanen, alle auf die Barrikaden, ihr habt die Paragraphen und habt die Panzerwagen, wir haben die Fatcaps und die Farben für die Straßenbahnen.“ Die Mädels hinten gähnten.

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Dann stiegen wir um auf den LS 600h, der noch ein zusätzliches „L“ im Namen führt. Für long. Lang eben. Fünf Meter fünfzehn Länge, schlagend wird das vor allem im Passagierraum, also hinten bei den Mädels.

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Die hätten jetzt Nadja Auermann und Naomi Campbell sein können und hätten ihre Beine ausstrecken können. Eigentlich ein Wagen für mit Chauffeur – aber dafür war ja ich da. Nur die Mütze fehlte mir, sonst wuchs ich schon recht ordentlich in die Aufgabe hinein.

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Im LS also noch mehr PS, insgesamt jetzt schon 445. Aber auch deutlich mehr Gewicht, fast 2,5 Tonnen sind zu bewegen, die Mädels und mich mitgerechnet. Dennoch: Mit meinem schlanken Gasfuß schaffte ich einen durchschnittlichen Verbrauch von knapp unter zehn Litern, da schwebten wir allerdings über die Straßen und hielten uns an jedes Geschwindigkeitslimit.

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Aus den Lautsprechern drang: „Ihr regiert, wir reagieren, ihr illegalisiert und wir legalisieren,
ihr kontrolliert, wir boykottieren, wir sind antizyklisch und anders als ihr. Ihr diktiert, wir provozieren, ihr fasst wieder Beschlüsse, die wir wieder ignorieren, ihr bombadiert, wir protestieren, wir sind anders, wir sind anders als ihr.

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Ihr habt die Propaganda, die Uniformen, wir sind individuell und gehen nicht konform,
Ihr wollt Überwachung und Diktatoren, wir sind die Piraten, sind für Freiheit geboren.“

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Das gefiel mir gut. Ich drückte den Hybrid-Power-Knopf, straffte das Fahrwerk, schob den Hebel auf Handschaltung und stieg in die Vollen.

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Hinten kreischten die Mädels. Ya man! (Michael Völker, AUTOMOBIL, 21.08.2008)

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