Andrea Kdolsky, ÖVP-Gesundheitsministerin, wird der nächsten Regierung weder als Ministerin noch als Nationalratsabgeordnete zur Verfügung stehen.

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Die parteiintern heftigst umstrittene Familien- und Gesundheitsministerin wird in der nächsten Regierung nicht mehr mit von der Partie sein. Aus Parteiräson, wie sie selbst am Donnerstag erklärte.

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Wien - Jetzt reicht es also auch Andrea Kdolsky. Die ÖVP-Ministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird weder für den Nationalrat kandidieren noch in der kommenden Legislaturperiode für ein Ministeramt zur Verfügung stehen - letzteres gab Kdolsky am Donnerstag in einer Presseaussendung bekannt. Sie lege als Stellvertreterin des Parteiobmanns größten Wert auf Einigkeit, betonte die scheidende Ministerin. "Mediale Spekulationen und Gerüchte der vergangenen Tage stellen diese Einigkeit der ÖVP in Zusammenhang mit meiner Person infrage" - daraus zog Kdolsky nun die Konsequenz und zieht sich aus der Politik zurück.

Und zwar alles andere als freiwillig: Von Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer bis Klubobmann Wolfgang Schüssel sind dem Vernehmen nach allerhand Schwarze ausgeschickt worden, um Kdolsky davon zu überzeugen, sich zurückzuziehen. "Sie sind auf ihr gekniet" , sagt eine ÖVP-Insiderin. "Sie hat sich gleich nach Amtsantritt ungeschickt verhalten und ist aus dem Loch nie mehr herausgekommen" , glaubt ein anderer ÖVPler und spielt dabei auf umstrittene Auftritte (Kdolsky als Csárdás-Tänzerin) und auf ihre (unter anderem von ihr selbst öffentlich gemachte) Scheidung an. "Hang zumExhibitionismus" nennen das Parteikollegen.

Der Kurzzeit-Ministerin hätten "der Respekt und die Demut vor dem Amt gefehlt" , meint eine schwarze Politikerin. Die Medizinerin habe - vor allem in der Gesundheit - zwar genügend Sachkompetenz mitgebracht, aber zu wenig Geduld und mangelnden Willen zur Kommunikation, woran sie letztlich auch gescheitert sei.

Lob zum Abschied

Offiziell gab sich die ÖVP-Bundespartei am Donnerstag zurückhaltend. Parteichef Wilhelm Molterer sprach von einer "persönlichen Entscheidung Kdolskys, die ich zur Kenntnis nehme" . Generalsekretär Hannes Missethon lobte ihren "Einsatz für die Geschlossenheit der Partei".

Kdolsky war als Quereinsteigerin auf Empfehlung ihres Gewerkschaftskollegen Fritz Neugebauer in die Regierung gekommen. Die Chefin der niederösterreichischen Landesklinikenholding wurde zudem "weggelobt" . "Ich saß in Wien und Erwin Pröll in St. Pölten, aber oft hätte ich kein Telefon gebraucht, um ihn zu verstehen" , erzählte sie von ihren lautstarken Disputen mit dem mächtigen Landeshauptmann.

In ihrem riesigen Ressort widmete sich Kdolsky zu Beginn ihrer Amtszeit vor allem den Familien. Mit der SPÖ einigte sie sich auf die Flexibilisierung des Kindergeldbezuges und damit der Karenzzeiten, mit den Ländern wurde der Ausbau der Kinderbetreuung vereinbart. Zu einem "Papamonat" konnte man sich aber nicht mehr durchringen. Als Ministerin für die Jugend thematisierte Kdolsky vor allem die Alkoholprävention. An der bundesweiten Vereinheitlichung des Jugendschutzgesetzes scheiterte sie aber.

In der Gesundheit hinterlässt sie ihrem Nachfolger eine riesige Baustelle: Das System muss zugunsten der schwer defizitären Gebietskrankenkassen reformiert werden, sonst droht ihnen der Konkurs. Der jüngste Reformversuch scheiterte im Parlament, knapp bevor die Regierung platzte. Kdolsky selbst hatte immer wieder die mangelnden Kompetenzen der Ministerin im komplexen Gesundheitssystem kritisiert. (Andrea Heigl/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2008)