Wien - In ihrem Bestreben, eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen zu schaffen, hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied - mit Zustimmung des Koalitionspartners ÖVP - die "Neue Mittelschule" auf Schiene gebracht. Mit dem Schuljahr 2008/09 starten an 67 Standorten (Klassen werden nur an 66 Standorten geführt, Anm.) in Kärnten, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark und Vorarlberg gesetzlich verankerte Modellversuche. Insgesamt werden in 167 Klassen rund 3.700 Schüler in diesem neuen Schultyp beginnen, das sind knapp fünf Prozent aller Kinder der fünften Schulstufe. Die "Neue Mittelschule" ist keine Gesamtschule: Sie ersetzt nicht Hauptschule und AHS-Unterstufe, sondern wird parallel dazu geführt.

Erst ab 14 Wahl des weiteren Bildungsweges

Als Hauptmotivation für die Einrichtung der "Neuen Mittelschule" gilt die nach Ansicht der Befürworter die "zu frühe" Bildungswegentscheidung im Alter von neun Jahren, was zu "sozialen Ungerechtigkeiten" führe. Derzeit müssen sich Kinder Mitte der 4. Klasse Volksschule entscheiden, ob sie in eine AHS oder eine Hauptschule weitergehen. Mit der "Neuen Mittelschule" soll man sich erst mit 14 Jahren über den weiteren Bildungsweg klar werden. Erste Auswertungen haben gezeigt, dass 30 bis 40 Prozent der für die "Neue Mittelschule" angemeldeten Kinder AHS-Reife haben.

Inhaltlich gilt für die Modellversuche der Lehrplan der AHS-Unterstufe. Laut Unterrichtsministerium sind "Individualisierung" und "Differenzierung" die bestimmenden pädagogischen Konzepte in den "Neuen Mittelschulen". Das bedeutet, dass sich der Unterricht am individuellen Leistungsniveau der Schüler orientiert. Zudem soll der Unterricht in flexiblen Kleingruppen erfolgen, Themen fächerübergreifend, projektorientiert und in offenen Lernformen erarbeitet werden.

Zustimmung von zwei Drittel der Lehrer und Eltern

Die Modellversuche sind über eine Änderung des Schulorganisationsgesetzes gesetzlich abgesichert. Das gibt ihnen eine Bestandsgarantie: Modellversuche können bis 2011/12 begonnen werden und laufen dann jedenfalls vier Jahre lang. Die Versuche sind auf zehn Prozent der Klassen an öffentlichen Schulen im Bundesgebiet begrenzt. An jedem Standort müssen zwei Drittel der Lehrer und Eltern der Einrichtung eines Modellversuchs zustimmen. Zusätzlich müssen auch AHS und Hauptschule in zumutbarer Entfernung als Alternative angeboten werden.

Weitere Versuche sind ab 2009/10 in Wien, Niederösterreich und Salzburg geplant. Die Bundeshauptstadt orientiert sich dabei am Modell "Neue Mittelschule", Niederösterreich setzt auf eine "zusätzliche Orientierungsphase" für Zehn- bis Zwölfjährige in Hauptschulen. In Salzburg sind drei Modellregionen geplant. (APA)