Ronald J. Pohoryles: "Hierzulande werden die Ranking-Ergebnisse nicht einmal ignoriert".

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Mithilfe dieses Gerätes lassen sich die Fortschritte der österreichischen Forschungspolitik im internationalen Vergleich exakt verifizieren - Bundespräsident Heinz Fischer bei einem Laborbesuch.

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Wie jedes Jahr hat die Jiao Tong Universität Shanghai ihren Index über die Qualität der Universitäten in aller Welt herausgebracht. Unter den besten 50 Europas findet man keine einzige österreichische Universität, unter den besten 100 ganze zwei. Weltweit rangiert keine österreichische Uni unter den besten 200, unter den besten 300 gerade einmal zwei: Die Universität Wien und die Medizin-Universität Wien. Das Jiao-Tong-Ranking gilt als das objektivste - frei von nationaler Befangenheit. Das berühmteste europäische Ranking, erstellt von der renommierten Londoner Times, kommt zu einem etwas anderen Ergebnis, das die britischen Unis - und die europäischen insgesamt - gegenüber der US-amerikanischen Konkurrenz etwas besser aussehen lässt. Für Österreichs Universitäten sind die Ergebnisse allerdings ähnlich peinlich.

Mit der Größe des Landes hat das nichts zu tun: Unter den besten 15 Ländern findet man Schweden, die Schweiz, Dänemark, Israel, die Niederlande, Norwegen und Finnland.

Nun kann man das Jiao-Tong-Rating - und Universitätsrankings im allgemeinen - durchaus methodologisch kritisieren und daher auch die Beweiskraft für die österreichischen Missverhältnisse in Frage stellen. Es häufen sich jedoch die Indizien: Der Akademikeranteil bei den Berufstätigen liegt in Österreich mit 20,5 Prozent im Jahr 2006 weit unter dem EU-Durchschnitt (28,8 %). Unter den EU-15 liegt Österreich damit am beschämenden 13. Platz. Während im EU-Durchschnitt 4,54 % der über 14-jährigen Bevölkerung studieren, sind es in Österreich nur 3,65 %. Die absolute Zahl der Studierenden ist seit 1999 kontinuierlich gefallen und hat erst 2006 wieder das Niveau von 1999 erreicht.

Im Niemandsland

In Frankreich beherrscht das Thema die Innenpolitik: Im Uni-Ranking ist die Grande Nation vom 6. auf den 7. Platz abgerutscht und wurde von Schweden - einem Österreich der Größe nach vergleichbaren Land - überholt. Es ist nur mehr mit drei, statt vorher vier, Universitäten unter den besten 100 vertreten.

Hierzulande werden die Ergebnisse von der Öffentlichkeit ebenso wie von der Politik nicht einmal ignoriert. Man hat sich offenbar daran gewöhnt, forschungspolitisch im Niemandsland zu stehen. Einzelne Leistungen österreichischer Forscherinnen und Forscher und der stolze Verweis auf die österreichischen Wurzeln des einen oder anderen 1938 vertriebenen Nobelpreisträgers verstellen den Blick auf diese traurige Realität.

Die teure Fehlkonstruktion in Gugging wird hochgelobt, und der Umstand, dass der international renommierte Neurobiologe Tobias Bonhoeffer jüngst als Präsident des I.S.T. abgesagt hat, obwohl sein Amtsantritt laut offizieller Ankündigung schon Ende Juni als "fix" galt, stört nur am Rande. Dass sein Engagement als Präsident der "Elite-Universität" nur als Teilzeit-Job vorgesehen war (er leitet das Max-Planck-Institut für Neurobiologie), zeigt, wie "ernst" diese Einrichtung zu nehmen ist: Mit einem Teilzeit-Leiter lässt sich wohl keine internationale Konkurrenz gewinnen.

Wissenschaftspolitik? Brauch ma net. Stattdessen wird in Österreich in Endlosschleifen die Frage der Studiengebühren diskutiert - ein Nebenthema, das von den eigentlichen Problemen ablenkt. Evident ist, dass beim Zustand der gegenwärtigen Universitäten niemand gerne bereit ist, Studiengebühren zu zahlen. Die Leistungen der Universitäten für die Studierenden nehmen eher ab als zu. Bezeichnend ist, dass der Wissenschaftsminister beabsichtigt, trotz der beschämend niedrigen Studentenzahlen den Zugang zu den Master-Studien einzuschränken (!), statt sich um geeignete Finanzierungsinstrumente für die Studierenden zu kümmern, die es ihnen ermöglichen würden, sich voll ihrem Studium widmen zu können.

In Großbritannien ist man den umgekehrten Weg gegangen: Dort werden zwar - erheblich höhere - Studiengebühren eingehoben. Jedoch stehen den Studierenden niedrigst verzinste Darlehen zur Verfügung, die erst zurückgezahlt werden müssen, wenn die Absolventinnen und Absolventen im Berufsleben stehen und ausreichend verdienen.

Die Dropout-Rate ist dort deutlich niedriger, das Verhältnis von Lehrenden und Studierenden deutlich besser und die soziale Durchmischung höher. Und: Studierende werden als zahlende Kunden behandelt. Das Resultat überzeugt: Unter den zehn besten europäischen Universitäten finden wir fünf britische. (Ronald J. Pohoryles/DER STANDARD-Printausgabe, 20. August 2008)