Bagdad  - Ein massives Aufgebot irakischer Sondertruppen hat in der Nacht zum Dienstag die Provinzregierung in Bakuba, 60 Kilometer nördlich von Bagdad, gestürmt. In einem vierstündigen Feuergefecht mit den Wachen erschossen die Truppen den Kabinettschef des Gouverneurs der Provinz Diyala, Raad Rashid al-Tamimi, wie aus Polizeikreisen in Bakuba verlautete. Mehrere Leibwächter wurden verletzt und festgenommen. Der Provinzgouverneur, der offenbar festgenommen werden sollte, war zum Zeitpunkt des Sturms nicht im Gebäude.

In parallelen Aktionen nahmen die aus Bagdad angerückten Soldaten auch den Rektor der Universität von Diyala, Nissar al-Khasraji, und den Vorsitzenden des Sicherheitsausschusses des Provinzparlaments, Hussein al-Subeidi, fest. In den Morgenstunden zogen sich die Truppen, die Polizeiuniformen trugen, wieder aus Bakuba zurück, berichteten Augenzeugen.

Die Motive der nächtlichen Aktion gegen die Provinzspitze blieben unklar. Anscheinend war der Einsatz der Sondertruppen nicht von der Regierung in Bagdad angeordnet worden. "Die Regierung wurde im Dunklen belassen und wusste nichts von der Operation", erklärte ein Mitarbeiter des Sicherheitsapparates der Deutschen Presse-Agentur dpa in Bagdad. Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte die Bildung einer Kommission an, die den Zwischenfall untersuchen soll.

Die Provinz Diyala wird von starken Spannungen zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden geprägt, die sich immer wieder in Konflikten zwischen bewaffneten Milizen entladen. Gouverneur Al-Tamimi, ein Schiit aus dem selben Parteienbündnis, das in Bagdad regiert, hat bereits mehrere Mordanschläge überlebt. Die Sunniten sind im Provinzparlament unterrepräsentiert, weil sie die Wahlen im Jahr 2005 boykottiert hatten.

Irakische und US-Truppen gehen seit drei Wochen in einer Offensive gegen sunnitische Extremisten des irakischen Al-Kaida-Ablegers vor, für die Diyala eine der letzten verbliebenen Hochburgen ist. Die Aktion gegen die Provinzspitze stand mit dieser Offensive in keinem Zusammenhang. US-Außenministerin Condoleezza Rice wird in der kommenden Woche zu einem Besuch in Bagdad erwartet. Im Mittelpunkt der Gespräche stehe das Truppenstationierungsabkommen, das derzeit zwischen Washington und Bagdad verhandelt werde, berichtete die regierungsnahe Zeitung "Al-Sabah" am Dienstag. Das Abkommen soll einen Zeitplan für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak festlegen. (APA/dpa)