Österreichs Wahlrecht stellt auf ein Politikverständnis der Nachkriegszeit ab: Da gab es eine große Koalition, begleitet von einem gemäßigt oppositionellen Dritten Lager, anfangs auch von der KPÖ - diese Kleinparteien hatten im Denken jener Zeit vor allem die Aufgabe, absolute Mehrheiten zu verhindern und die großen Parteien eng beisammenzuhalten. Man wollte keine Konfrontation der großen Lager (und daher kein Mehrheitswahlrecht), aber auch keine Aufsplitterung in ein halbes Dutzend Kleinparteien - mit denen wird der Parlamentarismus kompliziert.

Da bleiben die Etablierten lieber unter sich. Mit jeder Wahlrechtsreform haben sie dafür gesorgt, dass der Eintrittspreis für neue Bewegungen hoch bleibt. Und dass diese, wenn sie es denn schaffen, ins Parlament zu kommen, möglichst ähnlich werden wie die Parteien, die schon dort sind.

Darum geht es letztlich bei den Unterstützungserklärungen: Wer nicht flächendeckend eine Parteistruktur aufbaut, hat kaum eine Chance, auch nur die für eine Kandidatur notwendigen Unterschriften in jedem einzelnen Bundesland zusammenzubringen. Eine Gruppe, die nicht bundesweit antritt (und sei sie in einem Landesteil oder einer Bevölkerungsgruppe noch so gut verankert), kommt auch nicht ins Hohe Haus. Dazu muss man so angepasst, verknöchert und langweilig werden wie die anderen. Ein Blick auf die Entwicklung der Grünen zeigt, welche Folgen es hat, wenn man neue Bewegungen durch demokratische Hürden in alte Bahnen zwingt: Altparteien bleiben unter sich. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2008)