Keine Frage, wenn ein Militärdiktator abtritt - auch wenn er bereits ins zivile Mäntelchen geschlüpft ist -, dann ist das ein Tag der Hoffnung. In Pakistan ist diese Entwicklung noch dazu der Erfolg einer gewählten Regierung, deren Haltung zu Präsident Pervez Musharraf sich auf eindeutige Mehrheiten in der Bevölkerung stützen kann.

Musharraf wird wahrscheinlich den Weg antreten, auf den er 1999 andere pakistanische Politiker geschickt hat: ins Exil, vielleicht nach Saudi-Arabien. Der Unterschied ist, dass er nicht weggeputscht wurde, sondern einem rechtlich gedeckten Amtsenthebungsverfahren zuvorkam. Und noch viel besser ist diese Art der Beseitigung eines Politikers im Vergleich zu dem, was vielen anderen in jener Weltgegend passiert, unter anderem Benazir Bhutto, die im Dezember 2007 ermordet wurde.

Ist nun also alles auf Schiene in Pakistan? Die Hoffnung auf eine Demokratisierung des Landes nach dem neunjährigen Musharraf-Intermezzo ist jedenfalls intakt. Die Regierung kann nun fortsetzen, womit sie bereits begonnen hat, nämlich mit der Reparatur der von Musharraf beschädigten Institutionen, nicht zuletzt des Präsidentenamts selbst.

Dazu braucht es aber eine Zusammenarbeit der Wahlsieger der Parlamentswahlen im März, der pakistanischen Volkspartei (PPP) als stärkster Partei, und der Muslimliga von Nawaz Sharif. Zu befürchten, dass sie nach dem Abgang Musharrafs streiten, wäre eine Verharmlosung: Das tun sie nämlich seit Stunde null nach den Wahlen (und vorher taten sie es auch). Es wird sich zeigen, ob die Ablehnung, der Hass auf Musharraf der einzige Kleister war, der sie zusammengehalten hat. Als konfliktträchtig könnte sich da auch der Anspruch auf die Musharraf-Nachfolge auf dem Präsidentensessel erweisen.

Das größte Problem bleibt jedoch die Sicherheit. In Islamabad ist der Regimewechsel ohne gewaltsamen Umsturz erfolgt. Ohne es gleichstellen zu wollen, gilt für Pakistan jedoch, was in jenen Ländern zu beobachten ist, die in den vergangenen Jahren einen militärisch erzwungenen Regimewechsel (Afghanistan und Irak) erlebt haben: Der repräsentative Anspruch des politischen Systems muss sich erst positiv auf die Situation "am Boden" auswirken, beide Realitäten klaffen gefährlich auseinander.

In den pakistanischen Stammesgebieten finden gleich mehrere Kriege parallel statt, das Terrorismusproblem bleibt virulent und der Pool der zu diesem Zweck Rekrutierbaren durch die schlechte Wirtschaftssituation groß. Dazu kommt die Frage, ob die Musharraf-Klienten in Geheimdienst und Armee seinen Abgang reaktionslos hinnehmen.

Auch zum "war on terror", der Pakistan als "war on Taliban" bleibt, kann man nur hoffen, dass Maßnahmen, wenn sie von demokratisch legitimierten Politikern getroffen werden, besser angenommen werden: Denn was auch immer Musharraf gemacht hat, wurde seinen US-Sponsoren zugeschrieben, obwohl diese keineswegs immer mit ihm glücklich waren.

Für die USA ist es das Ende einer Ära in der Region: Durch die Umarmung Musharrafs nach 9/11 haben sie ihn sowohl gehalten als geschwächt. Die langsame Distanzierung von Musharraf, die distanzierte Freundlichkeit zur neuen Regierung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass den USA mit dem Abgang Musharrafs eine weitere, wenn auch längst schwer angeschlagene Säule ihrer Mittelost-Strategie wegbricht. In der vergangenen Zeit nehmen die von Afghanistan geführten US-Angriffe auf Taliban auf pakistanischem Territorium zu, mehr davon ist zu erwarten.(Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2008)