"Wiener Chic" nennt sich die Kollektion, die die österreichische Designerin Susanne Bisovsky gemeinsam mit ihrem Partner Joseph Gerger entworfen hat. Vor rund einem dreiviertel Jahr haben die beiden mit der Arbeit an dem Projekt begonnen, Bisovsky hat die Kleider entworfen, Gerger die Schuhe. "Den Ausgangspunkt dafür habe ich eigentlich aus dem Bauch heraus gewählt", erzählt die 1968 geborene Designerin. Dazu kam dann ihr Interesse an den 50er-Jahren, in denen Wien sehr stark in Sachen Mode war, "da konnte man eigentlich schon fast mit Paris konkurrieren", die legendäre Adlmüller-Zeit, in der noch die Modesalons boomten - und in der auch Tracht "sehr witzig umgesetzt" worden sei.

Foto: Wolfgang Zajc

Womit dann doch wieder das Lieblingsthema von Susanne Bisovsky auf dem Tapet ist. Wenn sie diesen Begriff auch für die neue Kollektion lieber vermeiden wollte - wegen der damit verbundenen negativen Konnotationen, die oft eine Ablehnung provozierten: "Beim Begriff Tracht gehen leider sehr schnell die Scheuklappen herunter." Sie selbst kennt diese Berührungsängste nicht, schon während ihres Studiums habe sie sich für Tracht interessiert: "Es ist eine angenehme Konstante in der hysterischen Modewelt, Tracht bietet mir die Möglichkeit für ein ruhiges Arbeiten." Die Kurzlebigkeit der Trends habe sie in der Mode schon immer gestört, bei Trachtenteilen sei das hingegen ganz anders. "Auf so ein Stück kann ich mich immer wieder berufen, weil es seine Berechtigung über die Jahre hinweg behält."

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Außerdem fasziniere sie das "unerschöpfliche Reservoir" im Trachtenbereich. "Es gibt so viele Details, die etwas bedeuten, zum Beispiel kann man an der Anreihung der Knöpfe in traditioneller Trachtenbekleidung erkennen, ob die Frau verlobt oder verheiratet ist, das ist ein Kommunikationsmittel, das heute kaum jemand mehr lesen kann." Seit 2002 entwirft die Designerin für die Kitzbühler Firma "Sportalm" eine eigene Trachtenlinie, von 1996 bis 1999 war sie für das Trachtenunternehmen Gössl tätig. Der "Mief", der dem Thema Tracht bisweilen anhafte, sei für sie nie ein Grund gewesen, sich nicht damit zu beschäftigen. "Es ist besser, damit zu arbeiten, als es beiseite zu schieben, denn damit kann man der Tracht eine neue Chance geben."

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Auch in der "Wiener Chic"-Kollektion ist dieses Lieblingsthema präsent, ob in Schnittführung oder Mustern. Auffallend ist Bisovskys elaborierter Umgang mit Vorlagen, den sie übrigens auch in der T-Shirt-Kollektion, die sie für das Label Kathleen Madden entwirft, zelebriert: überlagerte Stoffe, Dekorationen mit Swarovski-Steinen, Drucke, überraschende Materialkombinationen.

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Für den "Wiener Chic" hat Bisovsky zum Beispiel Petit-Point-Taschen zerlegt und die altmodischen Blumenmuster, die auch als "Wiener Gobeline" bezeichnet werden, in Kleidungsstücke, etwa Oberteile von Kleidern, integriert. Bei der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten fand sie wunderschöne Blumenmotive, die so genannte "Wiener Rose", auf Tassen, die sie auf T-Shirts druckte. Der Meistermaler der Augarten-Manufaktur, Walter Duhonsky, malte die zarten Blumen mit sicherer Hand auf ein Kettenhemd, das aus weißen Porzellanplättchen besteht.

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An Stoffen verwendete Bisovsky zum einen Interieur-Materialien aus dem Hause Backhausen wie etwa Biedermeier-Stoffe, auf denen Streifen mit Blumen kombiniert sind, oder auch von der Firma Jil Silk im Waldviertel produzierte Textilien, zum Beispiel jenes "Wiener Muster", bei dem rosa Rosen auf schwarzem Untergrund knospen.

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Gemeinsam ist all diesen Modellen, dass Bisovsky tradierte Muster in einen neuen Kontext stellt, indem sie sie auf neue Materialien transferiert. Die Blume von der Teetasse soll auf einen T-Shirt-Stoff? Kein Problem, die Designerin hat eine reiche Erfahrung, was dieses Thema angeht, sie unterrichtete an der Universität für angewandte Kunst in Wien das Thema "Materialveränderung". Die Ausgangsbasis darf dabei ruhig "kitschig" sein, wobei sich durchaus zwischen "gutem", ursprünglichem Kitsch (wie etwa Heiligenbildchen) und "bösem", also aufgesetztem Kitsch unterscheidet.

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Die im "Wiener Chic"-Projekt entstandene Kollektion ist von Bisovsky nicht als Verkaufskollektion gedacht. "Ich habe mir da kreativen Freiraum gelassen, ohne an die Verwertbarkeit zu denken". Unterstützung erhielt sie in Form von Materialbereitstellung seitens der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten, Jil Silk, Backhausen, Swarovski und Triumph International. Gerne würde Susanne Bisovsky die Kleider aber noch in einer Schau, am liebsten in einem alten Wiener Modesalon, zeigen, dafür fehlt es ihr derzeit aber noch an Sponsoren. (DER STANDARD/rondo/Margit Wiener/21/02/2003)

Fotos: wolfgang.zajc