Wien - Überaus zurückhaltend reagierten die Chefs der Sozialpartner auf die Entscheidung der ÖVP, eine Neuauflage von Schwarz-Blau anzustreben. Grundtenor: Jede Regierung wird nach den Maßnahmen für die jeweilige Klientel der einzelnen Interessensvertretungen bewertet.

ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch (S) wollte am Freitag keine Stellungnahme zu den Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ abgeben. Zunächst müsse man abwarten, ob die Verhandlungen auch tatsächlich zur Bildung einer neuen Regierung führen würden, hieß es im Büro von Verzetnitsch auf APA-Anfrage. Man werde jedenfalls jede Regierung danach beurteilen, wie sehr sie sich für die Interessen der Arbeitnehmer einsetze.

AK-Präsident Herbert Tumpel (S) erklärte gegenüber der APA: "Wir suchen uns keine Regierung aus. Das ist Angelegenheit der politischen Parteien." Entscheidend sei, dass es jetzt rasch eine handlungsfähige Regierung gibt, die die "gravierenden Probleme" - wie die Rekordarbeitslosigkeit - angeht. Ob er Schwarz-Blau die Lösung der Probleme zutraut, ließ Tumpel offen: "Ich kenne die Programme nicht. Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen." Dass es zu keinen schwarz-roten Regierungsverhandlungen gekommen ist, kommentierte Tumpel so: "Die Wege haben offensichtlich nicht dorthin geführt." Die SPÖ und auch die sozialdemokratischen Gewerkschafter seien jedenfalls verhandlungsbereit gewesen.

Auch der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Rudolf Schwarzböck (V), erklärte auf Anfrage der APA, seine Kammer bewerte jede Regierung nach ihren Vorhaben in der Agrarpolitik. Er habe als Bauernvertreter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) unmittelbar nach der Wahl die Anliegen der Landwirtschaftskammer übermittelt. Es gehe vor allem um Kontinuität in der spezifisch österreichischen Agrarpolitik, etwa im Bereich der Öko-Förderungen. "Die ÖVP ist für mich kalkulierbar", so Schwarzböck wörtlich. Bei der FPÖ gehe er davon aus, dass sie ihre Linie der vergangenen drei Jahren in der Agrarpolitik fortsetzt.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (V), der sich im ÖVP-Vorstand der Stimme enthalten hatte, erklärte bereits gestern Abend, dass er einen anderen Weg - nämlich Schwarz-Rot - bevorzugt hätte. Er wolle sich nun auf die Arbeit in der Sozialpartnerschaft konzentrieren: "Ich nehme die politische Entscheidung zur Kenntnis, aber am Verhältnis der Sozialpartner soll sich nichts ändern." (APA)