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Anwälte in Islamabad feierten am Montag den Rücktritt von Präsident Musharraf. Sie demonstrierten seit dem Frühjahr 2007 regelmäßig gegen den Präsidenten.

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Abschiedsvorstellung Musharrafs via TV.

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Musharraf während seiner Rede an die Nation.

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Auf der Beliebtsheitsskala rangierte der Präsident ganz unten: Proteste gegen Musharraf im August.

Nach dem Rücktritt des pakistanischen Staatschefs Pervez Musharraf muss die gewählte Regierung beweisen, dass sie das Militär in Schach halten und die Demokratisierung des Landes vorantreiben kann

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In zwei Kriegen hat Pervez Musharraf gekämpft. Doch seine größte Niederlage erlebte Pakistans Präsident nun in Zivil: Im dunklen Anzug und hellblauen Schlips trat er am Montag vor die Kameras, um ein letztes Mal zur Nation zu sprechen. Gefasst wirkte er und traurig. Fast 60 Minuten lang redete der 65-Jährige, wenig von seinen Fehlern und viel von seinen Verdiensten. Dann fiel der entscheidende Satz: „Nach Rücksprache mit juristischen Beratern und engen politischen Unterstützern habe ich mich entschieden, zurückzutreten."

Am Ende gab sich der General geschlagen. Nach neun Jahren geht die Ära Musharraf damit zu Ende, und Pakistan schlägt ein neues Kapitel in seiner Geschichte auf. Die Börse in Karatschi schoss hoch, in den Städten tanzten hunderte Menschen auf den Straßen, und vor allem Juristen jubelten landesweit über Musharrafs politisches Ende. Für die neue zivile Regierung schlägt allerdings auch die Stunde der Wahrheit: Sie muss nun beweisen, dass sie es besser kann. Bisher bot die zerstrittene Koalition, gebildet aus der PPP, der Partei der ermordeten Politikerin Benazir Bhutto, und der Muslim-Liga ein desolates Bild. Das Theater um Musharraf hatte dies aber überspielt.

Keine Wahl

Dem früheren Militärherrscher blieb kaum eine andere Wahl. Seit US-Präsident George W. Bush ihn vor drei Wochen fallen ließ, hatten ihm alle den Rücken gekehrt - auch das Militär. Die USA wollen dem alten Verbündeten im Anti-Terror-Krieg nicht einmal Exil anbieten.
Musharrafs Rücktritt mag die politische Lähmung in Pakistan beenden. Aber wohin das Land steuert, ist ungewiss. Die Nachbarn Indien und Afghanistan sind über die Entwicklungen besorgt. Seit die zivile Regierung antrat, scheinen Taliban und Al-Kaida im Aufwind.

Indische Militärs behaupten ohnehin, nichts sei gefährlicher für Südasien als Demokratie in Pakistan. Das mag für westliche Ohren blasphemisch klingen, hat aber mit den Realitäten in dem Atomstaat zu tun. Das arme Land war in seiner Geschichte immer wieder mit lausigen Regierungen geschlagen.
Schlechte Regierungen sind das eine Problem. Das andere ist das Militär, das der wahre Machthaber ist. Seit den Wahlen im Februar lassen sich seltsame Dinge beobachten: Die radikalen Kräfte im Geheimdienst ISI und im Militär scheinen wieder freiere Hand zu haben. Ein Machtkampf zwischen Regierung und Militär könnte das Land destabilisieren. Musharraf war lange der starke Mann, weil er als Armeechef und Präsident die Macht bündelte.
Seine Nähe zu den USA war es letztlich, die ihm schadete: Für viele Pakistaner sind die USA und nicht die Taliban der Feind. Musharraf konnte es daher keinem recht machen. Der Westen warf ihm vor, nicht hart genug gegen die Extremisten vorzugehen, in Pakistan bezichtigte man ihn, für Washington Krieg zu führen. Musharraf war für die USA auch wertvoll, weil er einen moderaten Islam propagierte. Er stieß Wirtschaftsreformen an, und er stärkte die Rechte von Christen und Frauen. Doch vor rund einem Jahr begann sein Niedergang.
Um seinen Sturz abzuwenden, rief er im Herbst 2007 den Ausnahmezustand aus. Danach lenkte er zwar ein, im Februar ließ er Wahlen abhalten, die als freiesten in der Geschichte des Landes gelten. Doch die Stimmung war bereits gegen ihn. (Christine Möllhoff, DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2008)