Fred Sinowatz war ein Paradesozi ältester Schule - aus ärmsten Verhältnissen, bildungshungrig, aufstiegswillig, superloyal. Sein vielgescholtener Satz "Ohne die Partei bin ich nichts" war nicht Funktionärsdumpfheit, sondern Dankbarkeit für eine Sozialdemokratie, die den Unterprivilegierten die Flucht aus der Beengung von Armut und Unbildung ermöglichte - was die SPÖ bei den heutigen Unterprivilegierten - den Migrantenkindern - übrigens verabsäumt.

Gleichzeitig war er modern - in seiner Schulpolitik, aber auch im Einsatz von PR-Methoden in der Politik. Er hatte einen der ersten Spin-Doktoren, der allerlei lustige Events (Sinowatz in der Rennrodel) erfand und ihn später in eine Rohrkrepiereraktion gegen Waldheim jagte. Sinowatz war die Verkörperung der ungesunden österreichischen Lebensweise und machte sich selbst darüber lustig, wenn er erzählte, wie er spätnachts den Kühlschrank von der geliebten Gattin vorsorglich leergeräumt fand und aus Verzweiflung in einen tiefgefrorenen Spinat biss. Er sprach einen der klügsten Sätze - "Es ist alles sehr kompliziert" - und war ein echter Humanist. Die Sozialdemokratie hat seinesgleichen nicht mehr. (Hans Rauscher/DER STANDARD Printausgabe, 13. August 2008)