Große Handelsketten haben Bio-Lebensmittel einer breiten Masse zugänglich gemacht, doch Fachgeschäfte leiden. Mehr verdienen als im konventionellen Handel lässt sich mit Bio längst nicht mehr.

Foto: Heribert Corn

Bio-Supermärkte sind trotz des boomenden Markts keine Selbstläufer. Ehrgeizige Expansionspläne wurden abgeblasen, Standorte stehen auf dem Prüfstand, manche suchen neue Mieter. Die Branche ist im Umbruch.

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Wien - Bio-Produkte erleben in Ös-terreich anhaltend starken Absatz. Um die neuen Bio-Supermärkte, die mit ehrgeizigen Expansionsplänen antraten, ist es jedoch leise geworden. Experten erwarten in den kommenden Monaten einen starken Umbruch in der Branche. Denn die Bilanz manch neuer Kette sei derzeit alles andere als rosig.

Deutschlands zweitgrößter Bio-Supermarkt-Betreiber Basic wollte in Österreich zehn Läden eröffnen. Geworden sind es nur zwei in Wien und Salzburg. Diese sollen Mitbewerbern nun zur Übernahme angeboten worden sein, ist zu hören - bisher aber ohne Erfolg. Der Plan für einen weiteren Wiener Markt in der unmittelbaren Nähe des Konkurrenten Maran liege auf Eis.

Basic durchlebt in Deutschland schwere Zeiten. Der Konzern baut Arbeitsplätze ab, verkleinert Shops und bat die Lieferanten um längere Zahlungsziele. Der Krise vorausgegangen war ein Boykott der Kunden und Produzenten: Basic hatte die Schwarz-Gruppe, sie ist Eigentümer von Lidl, als Investor geholt. Der Diskonter zog sich unter dem massiven Druck der Öffentlichkeit zurück, seine Anteile hält nun die Schweizer Asi Nature Holding.

Livit ist dabei, ihre fünf österreichischen Märkte auf ihre Profitabilität abzuklopfen. Es sei einiges im Umbruch, bestätigt eine Unternehmenssprecherin. Livit eröffnet im Herbst in der Wiener Lindengasse die sechste Filiale, vor zwei Jahren war noch von 14 Shops die Rede, die man bis 2009 aufziehen wollte.

Bio-Pionier Stefan Maran bemühte sich seit Jahren vergeblich um einen Investor, der ihm bei der österreichweiten Expansion helfen soll. Im September soll es nun so weit sein, versichert er. Es sei ein Großhändler, so viel sei verraten.

Viel Zeit und Geld gefragt

Ein Großhändler gibt auch bei Biomarket mit ihren acht Standorten den Schritt vor. Initiator Alois Rosenberger zog sich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Neuer Geschäftsführer ist Jürgen Menz, Chef der AL Naturkost, Geldgeber ein deutsch-österreichisches Konsortium. "Viele in der Branche haben sich das Geschäft leichter vorgestellt" , meint er. Der Aufbau von Bio-Ketten brauche Zeit, gute Mitarbeiter und Standorte zu finden sei schwierig. Er sei mit der Entwicklung von Biomarket aber zufrieden: Im September werde in Villach, im Frühjahr in Linz neu eröffnet.

"Die Haushaltsausgaben für Bio steigen, den Großteil dieses Rahms schöpfen aber die führenden Handelsketten ab" , sagt Wolfgang Richter, Chef des Consulters Regioplan. Spar hat den Umsatz seiner 420 Natur-pur-Produkte im ersten Halbjahr um 39 Prozent ausgebaut, erfuhr der Standard. Rewe setzte mit Bio im Vorjahr mehr als 220 Mio. Euro um, Hofer über 100 Mio. Euro.

Österreich zählt derzeit rund 30 Bio-Supermärkte. Mancher habe bei der Standortwahl keine glückliche Hand bewiesen, vermutet Richter. Selbst wenige Flops könnten die jungen Ketten substanziell treffen.

Dass mit Bio im Handel generell mehr zu verdienen sei, das sei eine Mär, sagt Ralph Liebing vom Forschungsinstitut für Bio-Landbau. "Die Margen sind die gleichen wie im konventionellen Handel."
Eine andere Hürde ist der Mangel an starken österreichischen Labels. Sonnentor zählt zu den Ausnahmen. Heimische Bio-Verarbeiter sind ansonsten dünn gesät; Rohstoffe werden meist nach Deutschland exportiert und dort veredelt.

Spezialist Sonnentor will stärker auf Österreich vertrauen: Ziel sind Shops in allen Bundesländern.
(Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 13.8.2008)