Innsbruck/Brüssel - Das Land Tirol überlegt sich derzeit Möglichkeiten, eine einstweilige Verfügung der Europäischen Kommission gegen das sektorale Fahrverbot weiter zu verhindern. Alles dreht sich um die mit 1.1.2009 beginnende Phase 2 des Verbots. "Eine Option ist es, für diese Phase Zugeständnisse an Brüssel zu machen, damit auch die Phase 1 hält. Wir sind aber gegen eine substanzielle Abschwächung des Lkw-Fahrverbots", hieß es aus dem Büro des Umwelt-Landesrates LHStv. Hannes Gschwentner (ÖVP).

Es gebe verschiedene Varianten, die in Betracht gezogen werden können. Zum Beispiel, die zweite Phase der Umsetzung des sektoralen Fahrverbotes zu splitten, um der Wirtschaft mehr Zeit zu geben, sich darauf einzustellen . Es könnte auch der Transport von Autos aus dem Verbotskatalog ausgenommen werden. "In wie weit sich die EU darauf einlässt ist allerdings fraglich. Ob und was angeboten wird, wird auf der morgigen Regierungsklausur von VP und SP beschlossen", erklärte die Sprecherin des Umwelt-Landesrates.

Vertragsverletzungsverfahren

Die EU-Kommission hat Ende Jänner ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der sektoralen Fahrverbote eingeleitet, jedoch nicht verhindert, dass diese am 2. Mai in Kraft getreten sind. Am 6. Mai ging jedoch ein zweiter Mahnbrief nach Österreich, auf den die Republik am 9. Juni geantwortet hat. Aus EU-Kreisen hieß es, die österreichischen Argumente waren aus Sicht der EU-Kommission nicht ausreichend, die neue Landesregierung soll nun weitere Elemente liefern. Mitte September wird die Brüsseler Behörde voraussichtlich entscheiden, ob sie eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbringt bzw. gleichzeitig einen Antrag auf einstweilige Verfügung. Die Entscheidung über eine Aufhebung der sektoralen Lkw-Fahrverbote liegt beim EuGH.

Einigung angestrebt

Das Land Tirol sei bestrebt, eine Einigung mit der EU herbeizuführen, um das Fahrverbot nicht zu riskieren. Die EU-Kommission habe zwar ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, "aber eigentlich haben sie es akzeptiert", meint die Sprecherin des Umwelt-Landesrates. "Da das Verfahren noch läuft, hängt diese Akzeptanz allerdings eng mit unserem Vorgehen in Phase 2 zusammen." Verschiedene Optionen könnten diese Einigung erleichtern. Tirol habe sein Soll mit vielen Maßnahmen erfüllt. "Wir haben alles ausgereizt", versicherte die Gschwentners Sprecherin.

Das sektorale Fahrverbot gilt seit 2. Mai 2008 ganzjährig auf der Inntalautobahn (A12) zwischen Kufstein und Zirl bei Innsbruck. Betroffen sind davon laut Verordnung alle Lkw über 7,5 Tonnen, die Abfälle, Steine, Erde oder Aushub transportieren. Ab 1. Jänner 2009 soll das Verbot auf alle Transporte von Rundholz und Kork, Nichteisen- und Eisenerze, Kfz und Anhänger, Stahl, Marmor, Travertin sowie keramische Fliesen ausgeweitet werden.

Gschwentner: Keine Varianten

Eindeutig Stellung zur Haltung Tirols gegenüber der EU-Kommission rund um das Sektorale Fahrverbot bezog Hannes Gschwentner am Dienstagnachmittag. "Das Land Tirol bleibt beim Sektoralen Fahrverbot ohne Wenn und Aber", versicherte er. Es würden keine Optionen oder Varianten angedacht, widersprach er den Aussagen seiner Sprecherin.

Schon bei der Verordnung des sektoralen Fahrverbots mit Inkrafttreten am 1.1.2008 habe das Land Tirol gegenüber der Europäischen Kommission viele Zugeständnisse gemacht und sei nicht gewillt, weitere Abstriche zuzulassen. "Die Liste mit Gütern, die bei der Verordnung unter das Sektorale Fahrverbot fallen, bleibt bestehen und es werden keine Ausnahmen gemacht", meinte Gschwentner. Dies sei notwendig, um eine Reduktion der Schadstoffbelastung zu erreichen. "Darüber hinaus ist die Rollende Landstraße logistisch in der Lage, den Transport dieser Güter zu bewerkstelligen", sagte er. (APA)