Göttingen/Brüssel - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an die Staaten der Europäischen Union appelliert, die geplante Vertreibung von 68.000 Beduinen in der Negev-Wüste in Israel zu verhindern. Um die Zerstörung von 45 offiziell von den Behörden nicht anerkannten Dörfern zu stoppen, hatte der Regionale Rat der Beduinen in der Negev-Wüste die Menschenrechtsorganisation dringend um Hilfe gebeten und erklärt: "Der Plan, der in Kürze von der Regierung verabschiedet wird, ist eine Kriegserklärung an die Dorfbevölkerung." Die oft schon seit Generationen in diesen nicht anerkannten Dörfern ansässigen Beduinen sollen im Rahmen eines 1,75 Milliarden US-Dollar umfassenden Fünfjahrplanes in drei Städten angesiedelt werden, wie die GfbV am Donnerstag in einer Presseaussendung unterstreicht.

Traditionelle Lebensgrundlagen vor Zerstörung

Zwar sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die israelische Regierung ein Programm zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Beduinen entwickle, heißt es in dem Appell der GfbV. Doch statt die Betroffenen oder ihre gewählte Vertretung in die Planung der Umsiedlung einzubeziehen, solle die systematische Zerstörung der traditionellen Lebensgrundlagen der Beduinen offensichtlich durch ein Gesetzeswerk legitimiert werden. Darin sind unter anderem Enteignungen und Entschädigungen sowie die Zerstörung der nicht anerkannten Dörfer vorgesehen, die von einer neu aufzubauenden bewaffneten Polizeitruppe durchgesetzt und überwacht werden soll. Auch plane die Regierung den Bau von 14 neuen jüdischen Siedlungen auf dem Land der Beduinen.

"Schon jetzt werden immer wieder Dörfer oder bedeutende Gebäude der Beduinen auf Anordnung der Behörden zerstört", kritisierte die GfbV. So habe das israelische Innenministerium am 5. Februar 2003 in dem 3.000 Einwohner zählenden Dorf Tel al Mileh die einzige Moschee niederreissen lassen, die mit großer Beteiligung der Bevölkerung erst kürzlich erbaut worden war.

Rund 121.000 Beduinen leben in der Negev-Wüste. In sieben offiziell anerkannten und von jüdischen Bürgermeistern kontrollierten Gemeinden siedeln etwa 53.000 Ureinwohner, die ihr Land 1951 verlassen mussten. Obwohl ihnen damals zugesichert worden war, nach sechs Monaten wieder zurückkehren zu können, wird ihnen bis heute die Rückkehr in ihre Dörfer untersagt. Die 68.000 Beduinen in den nicht anerkannten Dörfern leben oft in ärmlichsten Verhältnissen von Ackerbau und Viehzucht. Arbeitslosigkeit (60 Prozent bei Männern, 85 bei Frauen), Kindersterblichkeit sowie Analphabetismus sind unter der Urbevölkerung weit verbreitet und liegen deutlich über dem Landesdurchschnitt, heißt es in der GfbV-Aussendung. (APA)