Die fühlen sich bis dato aber nicht zuständig.

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Wien - Eva Plaz gab am 3. Juli die Richtung vor. Bei der parlamentarischen Enquete zum Thema "Medienrecht und Opferschutz" erneuerte die Anwältin der Opfer im Inzestfall von Amstetten ihre Forderung nach rascher finanzieller Absicherung ihrer Mandanten - selbst wenn der Verdächtige Josef F. noch nicht zivilrechtlich zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt worden sei. Konkret könne sie sich eine "Bevorschussung von Schmerzensgeld" für die Opfer vorstellen, sagte Plaz damals in Absprache mit Christoph Herbst, dem zweiten, für finanzielle Fragen zuständigen Anwalt der Familie F. Die Parlamentarier nahmen die Forderung durchwegs wohlwollend auf.

Das Problem dabei ist nur: Im Gegensatz zur Schweiz ist bis dato im österreichischen Strafrecht nicht vorgesehen, dass Opfer von Gewalttaten vom Staat Vorauszahlungen für erlittene Schmerzen bekommen. Erst müssen teure und meist langwierige Zivilprozesse gewonnen werden. Das ist für Verbrechensopfer nicht nur kostspielig, sondern oft auch zusätzlich traumatisierend.

Opferhilfeorganisationen wie der "Weiße Ring" fordern daher seit langem die Möglichkeit der Bevorschussung von Schmerzensgeld. In ihrer überarbeiteten Vorlage zum Gewaltschutzgesetz hat Justizministerin Maria Berger (SPÖ) dies auch vorgesehen. Allein - das Gesetz scheint auch in seiner neuen Version nicht die Zustimmung des Koalitionspartners ÖVP zu finden (siehe Artikel unten).

Was die Opfer von Amstetten betrifft, müsste daher zunächst ein Präzedenzfall geschaffen werden, Justiz- und Finanzministerium müssten dafür ein eigenes Budget-Überschreitungsgesetz beschließen. Am Tag der Enquete ließ das Justizministerium in der "ZiB 2" ausrichten, man sei durchaus bereit dazu - allerdings müsse erst das Finanzministerium zustimmen.

Dort erklärt man nun, man sei "nicht im Detail informiert". Bergers Kabinettchef Albin Dearing sagt, Opferanwalt Herbst sei "mit diesem konkreten Anliegen noch nicht persönlich an uns herangetreten, daher können wir nichts dazu sagen". Seines Wissens seien dafür das Land Niederösterreich (Sozialhilfe) und das Familienministerium (Familienhärtefonds) zuständig. Das Justizressort habe im übrigen bereits dem "Weißen Ring" 190.000 Euro zur psychologischen Betreuung der Opfer überwiesen.

Im Justizressort will man zudem gehört haben, dass das Land Niederösterreich den Opfern ein Haus zur Verfügung stellen wolle. Das kann Erwin Prölls Sprecher Peter Kirchweger so nicht bestätigen: "Herbst hat bisher nicht darum angefragt, aber er handelt im Auftrag seiner Mandantschaft, und er weiß, dass ihn das Land bezahlt." Opfer-Anwalt Herbst war für den Standard bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Aus dem Familienministerium kommt eine Positiv-Meldung für die Opfer: Die Familienbeihilfe für jene drei Kinder von Elisabeth F., die mit ihr jahrelang im Keller zubringen mussten, wurde rückwirkend ausbezahlt. (Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2008)