Heuer hat Österreich aufgrund der richtigen Wettermischung aus Wärme und Feuchtigkeit die beste Pilzsaison seit 30 Jahren.

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Wien - Ein giftiges Schwammerl sei ihm in seiner steirischen Produktion noch nie untergekommen, versichert Karl Urban. Private Sammler könnten sich ja schon einmal irren. Aber bei ihm gehe jeder Pilz durch viele Hände, bevor er in den Supermärkten lande, Verwechslungen seien da ausgeschlossen.

Urban ist Pilzverarbeiter in zweiter Generation. Sein kleines gleichnamiges Unternehmen trocknet, gefriert und pulverisiert seit den 70-er Jahren wildwachsende Schwammerl. Damals habe es in der Oststeiermark rund um Paldau noch viele gegeben, mit der Intensivierung der Landwirtschaft seien gute Plätze jedoch verloren gegangen. Zudem hätten immer weniger Österreicher Lust, Pilze über den Eigenbedarf hinaus zu sammeln und zu verkaufen. Urban lebt daher vom Import, wichtigster Lieferant vor Russland ist China.

Schwammerl aus China

Ganze Landstriche, weit abgelegen im Südwesten des Landes, hätten sich auf wildwachsende Pilze spezialisiert. Alle in Europa bekannten Sorten seien dort vertreten, erzählt er. Früher seien die Steinpilze und Eierschwammerl nie auf den Speisezetteln der Chinesen gestanden. Nun würden sie tiefgefroren oder getrocknet nach Europa exportiert.

Urban selbst verarbeitet rund eine halbe Tonne an frischen Pilzen im Jahr. 90 Prozent davon gehen wieder in den Export. Die Steirer beliefern Gastronomen und Lebensmittelhersteller in Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Italien. In Österreich sind Rewe und Zielpunkt Kunden. Geht alles nach Plan, ist der Zehn-Mitarbeiter-Betrieb ab nächster Woche auch bei Spar mit frischen Pilzen vertreten.

Zurückhaltende Schwammerlkonsumenten

Vier bis fünf Mio. Euro setzt Urban jährlich um. Gewinne zu erzielen sei jedoch alles andere als einfach. Der Preis für Rohware könne sich innerhalb weniger Tage verdoppeln. Eine eigene starke Marke im Handel aufzubauen, sei in seiner winzigen Nische ein teures Unterfangen, meint Urban, "jede flächendeckende Werbung verpufft". Und was den Schwammerlkonsum betrifft, übertreffe die Schweiz Österreich um ein Vielfaches. Hierzulande liege der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch im Schnitt gerade einmal bei einem halben Kilo.

Heuer habe Österreich aufgrund der richtigen Wettermischung aus Wärme und Feuchtigkeit die beste Pilzsaison seit 30 Jahren, ist sich Urban sicher. Folglich und paradoxerweise sei so manch heimisches Schwammerl auf einmal günstiger als ein russisches. Dem Wunsch einiger Kärntner Waldbesitzer nach einer Pilzlizenz, kann er wenig abgewinnen. Denn Sammler würden dem Wachstum der Schwammerln nachweislich weniger schaden als Forstarbeiter, Mountainbiker und Jogger. Die Forstwirte wollten hier eben finanziell mitschneiden. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.8.2008)