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Georgiens Präsident Michail Saakaschwil 

Staatskunst ist sicherlich keine Fertigkeit, die man im Kaukasusland Georgien erlernen könnte. Und Staatspräsident zu sein bedeutet dort in der Regel eher, Teil eines Epos zu sein, das über Jahrhunderte hinwegschwelgt und sich in Rache, Ehre und anderen vorgeblichen Mannestugenden ergeht. Michail Saakaschwili, Georgiens derzeitiger Präsident, hat mit seinem folgenreichen Befehl zum Angriff auf die Separatisten in Südossetien dafür ein neues Beispiel geliefert.

Zu Saakaschwilis Ehrenrettung muss gesagt sein, dass er es war, der in den vergangenen Jahren die Falken in seiner Regierung bremste, wie etwa den in ebenso dramatischer wie rechtsstaatlich bedenklicher Weise gestürzten früheren Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili. Dieser wollte schon 2004 Südossetien überrennen, die kleine Provinz, knapp eine Autostunde von Tiflis entfernt.

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge hat Saakaschwili nun im fünften Jahr seiner flamboyanten Präsidentschaft fast alles verspielt, was er zuvor erreicht hatte: Russland ist in Georgien einmarschiert, der Westen sympathisiert wohl, aber hält sich mit Hilfe zurück, und Südossetien - wie auch Abchasien, die andere, wichtigere Separatistenprovinz - sind auf absehbare Zeit verloren.

Die nationale Einheit wiederherzustellen war dabei eines der großen Versprechen, das der heute 40-jährige Saakaschwili seinen Georgiern machte, als er sich im Jänner 2004 und dann noch einmal vier Jahre später zum Präsidenten wählen ließ. Der Kampf gegen die Korruption im Land war das andere; zumindest auf der unteren Ebene von Bürokratie und Wirtschaft hat Saakaschwili, ein studierter Jurist, damit Erfolg gehabt.

Immer wieder aber kam dem ältesten von drei Söhnen des Mediziners Nikoloz Saakaschwili und der Universitätsprofessorin Giuli Alasania das Temperament in die Quere. Im November 2003 orchestrierte er die "Rosenrevolution" und stürmte mit den Blumen in der Hand ins Parlament, zwang den damaligen Präsidenten Eduard Schewardnadse zum Rückzug und installierte sich mit einer Riege noch jüngerer, oft ebenfalls im Westen ausgebildeter Akademiker an der Macht.

Gerüchte über eine psychische Unbeständigkeit Saakaschwilis halten sich. Als er im November 2007 angesichts von Demonstrationen außer sich vor Zorn geriet und den Notstand verhängte, konnte er angeblich nur mit einer Spritze zur Ruhe gebracht werden. (Markus Bernat, DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2008)