Eveline Steinberger

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Trügt der Eindruck, oder ist das öffentliche Interesse an Fragen des Klimawandels versiegt?

Steinberger: Also spontan würde ich sagen: Der Eindruck trügt. International ist das Thema sehr präsent. Der G8-Gipfel war dem Klimawandel gewidmet. Die Internationale Energiebehörde hat einen Maßnahmenbericht ausgearbeitet ...

STANDARD: ... und in Österreich stehen Wahlen an. Ist der Klima- und Energiefonds für die Zeit danach gesichert?

Steinberger: Davon gehe ich aus. Der Klimafonds ist ein Instrument, das sich bewährt hat und mit einer Wahl ändern sich die Problemstellungen ja nicht. Der Fonds hat den Auftrag, in beiden Feldern - bei Klima- und Energiefragen - tätig zu sein und dabei Maßnahmen zu setzen, die sofort wirken und solche, die Ziele in den Jahren 2020 bzw. 2050 abdecken. Darüber denken wir bereits jetzt nach.

STANDARD: Obwohl so weit hin noch nicht viel definiert ist?

Steinberger: Das ist es doch. Die EU-Kommission hat die 20/20-Vorgaben gemacht und die sind nationalstaatlich zu verankern. Also: 20 Prozent erneuerbare Energien, 20 Prozent Treibhausgasreduktion und 20 Prozent Energieeffizienz - alles bis 2020. Nur das Biotreibstoffziel mit zehn Prozent wird noch diskutiert.

STANDARD: Stichwort Biotreibstoffziel. Beim ersten Programm, das der Klimafonds kürzlich vorgelegt hat, wurde ein geschickter Bogen um die Frage des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe gemacht, und zwar indem keine Förderungen in diesen Bereich fließen. Wird das so bleiben?

Steinberger: Es gibt viele Möglichkeiten zur CO2-Reduktion und Energieeffizienzsteigerung in der Mobilität. Wir haben uns entschieden, die Elektromobilität zu priorisieren. Elektrofahrzeuge, die mit Fotovoltaik, Wind und Wasserkraft getankt werden statt mit Öl. Wenn wir die Probleme der Energiespeicherung, also der Batterien, umfänglich in den Griff bekommen, sind elektrisch betriebene Fahrzeuge um ein Vielfaches effizienter als andere Antriebsformen.

STANDARD: Nochmals: Also keine Förderung von Agrotreibstoffen?

Steinberger: Der Einsatz von Treibstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen braucht eine ganzheitliche Betrachtung. Absolut kritisch sehe ich die Verarbeitung von Nahrungsmitteln zu Biotreibstoffen. Aber das ist keine generelle Verteufelung. Dort, wo Rohstoffe ohne Konkurrenz für die Nahrungsmittelproduktion vorhanden sind und Biosprit regional erzeugt und effizient eingesetzt wird, hat er seine Berechtigung. Es geht dabei auch darum, regionale, geschlossene Energiekreisläufe zu erreichen. Agrotreibstoffe stellen somit also kein Schwerpunktthema des Fonds dar. Ebenso übrigens, wie wir nicht auf Wasserstoff und Brennstoffzelle für den Fahrzeugantrieb fokussieren.

STANDARD: Zum Thema Österreich-Ticket. Finanzminister Molterer hat angekündigt, dass es das Ticket um 1450 Euro geben wird. Mit wie viel ist der Klimafonds dabei?

Steinberger: Das Ticket wird "Klima-Ticket" heißen, weil die Klimafrage der Ansporn sein soll, das zu unterstützen. Wir haben derzeit 0,5 Mio. Euro für Vorarbeiten reserviert - vor allem dafür, dass es rund um dieses Jahresticket für alle öffentlichen und privaten Massenverkehrsmittel ein für den Kunden ansprechendes, bequemes Informationssystem geben muss, eines, das ihm sagt, welche Verkehrsträger er für eine Reise von Punkt A nach Punkt B am besten heranzieht. Dazu ein Beispiel: Wenn ich von Wien nach St. Johann in der Steiermark, meinen Heimatort, fahre, benötige ich hin und zurück sechs Tickets. Und die letzte Strecke ist dabei gar nicht abgedeckt. In solchen Fällen sollen Car-Sharing-Modelle und Sammeltaxis die Lücke schließen.

STANDARD: Und wann soll das Ticket jetzt kommen?

Steinberger: Ich gehe davon aus, dass es 2009 sein wird. Anfang des Jahres wäre schön, aber realistisch ist Mitte des Jahres.

STANDARD: Wo, meinen Sie, steht Österreich mit seiner Klimaschutzpolitik in vier, fünf Jahren?

Steinberger: Bei den Zielen sind zwei Aspekte wesentlich: Energie effizienter zu nutzen und neue Energietechnologien zu forcieren. Und ich glaube, dass es da sehr schnell einen Technologiesprung geben wird. Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir im Bereich Energieforschung und -entwicklung heute eine Vorreiterrolle spielen - wir: damit meine ich Europa im Vergleich zu den USA und Japan. Das gilt es zu erhalten und auszubauen. Das hat nämlich einen wesentlichen volkswirtschaftlichen Effekt. Die EU beziffert das Marktvolumen, das mit Energietechnologien bis 2020 erreicht werden kann, mit 2200 Milliarden Euro - nur die EU. Das zieht natürlich enorme Beschäftigungseffekte nach sich. Das ist etwas, wo Österreich weiterhin dranbleiben muss. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2008)